EU-Urheberrechtsreform: Ein großer Fehler

Zur Annahme der EU-Urheberrechtsrichtlinie durch das Europäische Parlament erklärt Tabea Rößner, Sprecherin für Netzpolitik der Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

Durch meinen beruflichen Hintergrund als Medienschaffende habe ich mich stets für einen besseren Schutz der legitimen Interessen der Urheberinnen und Urheber eingesetzt. Die digitale Medienvielfalt hängt elementar von der Schöpfung von Inhalten ab. Ohne einen effektiven Schutz und faire Vergütung der Urheberinnen und Urheber droht die Medienvielfalt im digitalen Raum zu veröden. Ohne Inhalte wäre das Netz leer.

Die EU-Richtlinie schafft allerdings hauptsächlich Rechtsunsicherheit zulasten kleiner Plattformen, über denen künftig das Haftungsrisiko schwebt. Plattformen werden eher rigoros löschen, bevor sie das Risiko eines Gerichtsprozesses auf sich nehmen. Für die großen Plattformen, auf die die Regelung abzielt, ist das aufgrund ihrer Marktmacht kein Problem. Im Gegenteil, für sie wird sogar noch ein neues Geschäftsmodell mit ihren bereits entwickelten Filtertechnologien geschaffen. Diese sind allerdings sehr fehleranfällig und können beispielsweise Satire oder Zitate nicht von einer Urheberrechtsverletzung unterscheiden.

Was fehlt, sind hilfreiche Vorschläge für ausgewogene, durchdachte und praxisnahe Regelungen abseits von Filtern und Leistungsschutzrecht. Die Bundesregierung ist seit Jahren nicht bereit das Leistungsschutzrecht auf nationaler Ebene zu evaluieren, drückt dieses jetzt jedoch im Blindflug auf EU-Ebene durch.

Die Bundesregierung hat in Brüssel durch ihre Untätigkeit die Möglichkeit verpasst, den so dringend benötigten ausgewogenen Ausgleich der Interessen zu schaffen. Statt die großen Plattformen als Medienanbieter zu regulieren, wurde versucht über das Urheberrecht etwas zu klären, was an anderer Stelle hätte reguliert werden müssen. Jetzt hat die Bundesregierung die allerletzte Chance bei der Abstimmung im Rat und der nationalen Umsetzung der Richtlinie. Die Bundesregierung muss die Richtlinie im Rat ablehnen oder bei der Umsetzung trotz eines engen Spielraumes die Rechtsunsicherheiten beseitigen. Obgleich es besser gewesen wäre, sie hätte sich von vornherein für eine bessere Richtlinie eingesetzt.

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