Konvergenz konsequenter durchdenken

Zum heute vorgelegten Endbericht der Bund-Länder-Kommission zur Medienkonvergenz, erklärt Tabea Rößner:

„Die zunehmende Medienkonvergenz stellt nicht nur neue Ansprüche an die Medienkompetenz von Nutzerinnen und Nutzern, sie stellt auch die Politik vor neue regulatorische Herausforderungen. Wenn traditionelle Medienangebote und eCommerce-Dienste miteinander verschmelzen, stellt sich die Frage nach einheitlichen Regelungen für beide Bereiche. Insofern ist es richtig, dass Bund und Länder sich an einen Tisch gesetzt haben, um gemeinsame Handlungsansätze zu entwickeln. Das ist zum Teil gelungen, zum Teil weist der Endbericht der Kommission aber erhebliche Lücken auf.

Begrüßenswert ist die Vereinheitlichung der Jugendschutzregelungen für lineare und nicht-lineare audiovisuelle Mediendienste. Auch die Angleichung der Altersstufen im Jugendmedienschutzstaatsvertrag einerseits, dem Jugendschutzgesetz andererseits ist eine sinnvolle Sache. Unbefriedigend erscheint der Wirrwarr an Einrichtungen und Institutionen, die zukünftig für einen effektiven Kinder- und Jugendschutz in den traditionellen Medien und im Netz zuständig sein sollen. Statt diese Strukturen zu vereinfachen, sollen sie in Zukunft sogar noch ausgebaut werden, um die Vielzahl der Akteure besser zu koordinieren. Weniger wäre hier mehr gewesen. Wie ein starker Jugendschutz auch bei Plattformen gewährleistet werden kann, die von Nutzern eingestellte Inhalte anbieten, bleibt dagegen weiter unklar.

Eine Abkehr von den starren Werbezeitenvorschriften im Fernsehen mag zeitgemäß sein – die geplante Lockerung der Vorschriften für das product placement ist es nicht. Bezahlte Produktplatzierungen im Programm verstoßen gegen den Grundsatz, redaktionelle Inhalte und kommerzielle Kommunikation klar voneinander zu trennen. An diesem Grundsatz hängt letztlich die redaktionelle Glaubwürdigkeit der Medien. Dieses hohe Gut sollte man nicht leichtfertig aufs Spiel setzen. Nachvollziehbar sind hingegen die Überlegungen zu einer Regelung von Adblockern, die den Aufruf von Werbeanzeigen blockieren und dadurch Geschäftsmodelle der Anbieter konterkarieren. Es gibt jedoch kein schützenswertes Recht, Inhalte, die sich durch Werbung finanzieren, werbefrei ansehen zu dürfen. Dies würde Innovationen hemmen und letztlich die Vielfalt journalistischer Angebote gefährden.

In die richtige Richtung weisen auch die Vorschläge zur Regulierung von Plattformen und Intermediären. Der im Wesentlichen auf die Kabelnetze zugeschnittene Plattformbegriff des Rundfunkrechts muss dringend erweitert werden, um auch Smart-TV-Portale oder Elektronische Programmführer (EPG) zu erfassen. Inhalte, die relevant für die Meinungsvielfalt sind, müssen auf diesen neuartigen Plattformen verfügbar und leicht auffindbar sein. Auch Intermediäre wie beispielsweise Suchmaschinen haben zweifellos einen Einfluss auf die Meinungsbildung. Darum ist es richtig, ihnen mehr Transparenz im Hinblick auf die Kriterien abzuverlangen, nach denen sie ihre Ergebnisse listen.

Klar ist aber auch: Es wird auf lange Sicht nicht funktionieren, den eCommerce-Bereich auf der Basis des Länderrechts zu regulieren. Langfristig sollte daher an der Entwicklung eines einheitlichen europäischen Medienrechts mit einer entsprechenden Aufsicht gearbeitet werden. Eine stärkere Koordinierung auf europäischer Ebene, wie die Kommission sie in der AVMD-Richtlinie vorschlägt, ist daher ein Schritt in die richtige Richtung. Dass die Bund-Länder-Kommission, nach Aussage von Staatsministerin Monika Grütters, der Gruppe europäischer Regulierungsstellen für audiovisuelle Mediendienste (ERGA) so ablehnend gegenübersteht, ist daher ausgesprochen bedauerlich. Auf die Dauer wird es sich auch nicht vermeiden lassen, die eCommerce-Richtlinie so zu überarbeiten, dass zukünftig medienrechtliche Aspekte in die Regulierung dieses bislang rein wettbewerbsrechtlich geregelten Bereichs einfließen können. Denn nichts ist für die Glaubwürdigkeit politischen Handelns so schädlich wie eine Regulierung, die sich am Ende als wirkungslos erweist.“

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