CDU-Vorschlag eines Ältestenrats steigert Programmqualität nicht
Ja, auch ich ärgere mich bisweilen über das Programm im Radio wie im Fernsehen. Ja, auch ich finde die Entscheidung falsch, Dokumentationen in der ARD ins Spätprogramm zu schieben und zeitlich zu kürzen, und, ja, auch mich nervt oft die seichte Unterhaltung zur Prime-Time und dass für einen Teil davon sogar meine Gebührengelder verwendet werden.
Aber nein, ich glaube nicht, dass sich diese Zustände durch die Einrichtung eines Medien-Ältestenrates, wie ihn die AG Medien der CDU/CSU-Bundestagsfraktion jetzt fordert, ändern würden.
Der CDU-Medienpolitiker Wolfgang Börnsen fordert ein neues Gremium, das „der Tendenz zur Verflachung, Vereinfachung und persönlichen Herabsetzung“ Einhalt gebieten soll. Wie dies aber geschehen soll, verrät uns Herr Börnsen leider nicht. Welche Kompetenz soll dieser Ältestenrat über die der bestehenden Aufsichtsgremien hinaus bekommen? Soll dieser Ältestenrat etwa direkten Einfluss auf das Programm nehmen? Und dass mehr Kontrolle automatisch zu mehr Qualität im Programm führt, halte ich für einen Irrglauben. Warum? Ich denke nicht, dass mir beispielsweise meine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bessere Ideen liefern, wenn ich fortlaufend ihre Arbeit kontrolliere. Zur Kreativität gehört Freiraum. Daher sollten wir uns eher über die Arbeitsbedingungen von Journalisten und Journalistinnen, die das Programm ja gestalten, Gedanken machen. Denn in vielen Fällen fehlt es an Zeit für ausreichende Recherche. Bei der Ausbildung werden junge Redakteure oft ins kalte Wasser geworfen, ohne genügend Rüstzeug an die Hand zu bekommen. Die Sender müssen also für gute Arbeitsbedingungen von Journalisten sorgen, für Aus- und Weiterbildung, für sichere Arbeitsplätze, ausreichend Zeit zur Recherche und genügend Personal. Dafür stehen den öffentlich-rechtlichen Sendern die Gebührengelder schließlich zur Verfügung. Aber auch die privaten Sender stehen hier in der Pflicht.
Was aber kritisieren CDU/CSU an der bestehenden Programmaufsicht, die es ja sowohl für die öffentlich-rechtlichen Sender, als auch für die privaten Programme bereits gibt? Über die Zusammensetzung bei den öffentlich-rechtlichen Gremien kann man in der Tat streiten. Ich zum Beispiel halte einige – nicht alle – dieser Gremien für zu staatsnah besetzt. Beispielsweise sind laut des Gutachtens von Prof. Dieter Dörr im ZDF-Fernsehsehrat 50 der 77 Mitglieder der staatlichen Sphäre zuzurechnen. Das muss sich ändern, weshalb wir eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht anstreben, sobald wir im Bundestag das nötige Quorum zusammenbringen. Aber genau das kritisiert Herr Börnsen nicht (und will auch leider unsere Klage nicht unterstützen).
Was also ist die Kritik an der bereits bestehenden Programmaufsicht? Dazu sollte man vielleicht als erstes hinterfragen, warum diese nach Auffassung der CDU versagt. Liegt es womöglich an der mangelnden Qualifikation der entsendeten Rundfunkräte? Dem könnte man auch anders Abhilfe schaffen. Wir Grüne fordern seit langem, dass die Räte für diese Aufgabe entsprechend weitergebildet werden. Außerdem sollten sie berechtigt sein, Expertisen und Gutachten in Auftrag zu geben oder Sachverständige zu bestimmten Fragestellungen hinzuzuziehen. So können sie sich Fachwissen aneignen und Einschätzungen einholen. Dazu ist ein eigenständiges Budget nötig. Außerdem sollten unserer Auffassung nach den Mitgliedern aller Rundfunkgremien Fortbildungsveranstaltungen zu journalistischen, technischen und datenschutzrelevanten Themen in den Rundfunkanstalten angeboten werden, wie das in einzelnen Rundfunksendern bereits der Fall ist. So ließe sich die Kompetenz und Qualifikation der Rundfunkräte steigern, und die Gremien könnten ihre Aufsicht besser wahrnehmen – ganz ohne Einrichtung eines weiteren Gremiums.
Die Vorstellungen von CDU/CSU hinsichtlich eines Medien-Ältestenrats sind mehr als dünn und bei weitem nicht überzeugend. Statt konstruktiv Verbesserungsvorschläge einzubringen, erscheint mir diese Forderung wie ein Sturm im Wasserglas.
Artikel kommentieren