Rede zum Verbraucherschutz im Online-Handel am 26.03.2021
Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Komfort, Zeitersparnis, Bequemlichkeit und Corona, das sind Gründe, warum der digitale Handel boomt. 57 Millionen
Menschen in Deutschland kaufen online ein. Der Umsatz von Waren im E-Commerce ist im vergangenen Jahr um
14,6 Prozent auf über 83 Milliarden Euro explodiert. Krisengewinnler sind Unternehmen wie Amazon, ausgerechnet die Plattformen, die bereits über eine immense Marktmacht verfügen. Seit Jahren bestehen hier gravierende Mängel im Verbraucherschutz.
Aber genau diese Mängel werden nicht behoben – ein Trauerspiel für den Verbraucherschutz.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Transparenzverstöße, falsche Bewertungen, Schleichwerbung, dieser Realität hinken EU-Richtlinie und Ihr
Gesetzentwurf deutlich hinterher. Die neuen Transparenzverpflichtungen für Onlinemarktplätze, zu Rankings
und Bewertungen sind längst überfällig. Vor allem sind sie ausbaufähig.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Es reicht eben nicht, wenn Verbraucher*innen lesen können, dass Provisionszahlungen Einfluss auf Rankings
haben. Sie sollten sich darauf verlassen können, dass Rankings nur nach objektiven Kriterien zustande kommen.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Plattformen sollten verpflichtet werden, gegen Fake-Bewertungen vorzugehen und Prüfmechanismen einzuführen, damit Falschdeklarationen und Irreführungen unterbunden werden.
Das alles kann jedenfalls nur ein Anfang sein. Der Digital Services Act bietet nun die Chance, Plattformen
stärker in die Verantwortung zu nehmen. Ich fordere die Bundesregierung auf: Setzen Sie sich auch auf EU-Ebene
mit Nachdruck für starke Verbraucherrechte ein!
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Verbesserungen gibt es endlich bei den Kaffeefahrten, auch wenn der Gesetzentwurf aus Bayern schon seit Jahren vorliegt und nichts getan wurde. Doch hier springt die Bundesregierung auch wieder zu kurz. Gut wäre es, wenn
auch Finanzdienstleistungen und Pauschalreisen nicht auf Kaffeefahrten vertrieben werden dürften. Die haben
da auch nichts zu suchen.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Sebastian Steineke [CDU/CSU]: Die Bundesregierung ist ja auch nicht der Bundestag!)
Ein fortlaufendes Ärgernis für viele Verbraucher:innen sind Überrumpelungen an der Haustür, gerade in Coronazeiten. Aber gegen aggressive Haustürgeschäfte unternehmen Sie nichts. Wenigstens eine verlängerte
Widerrufsfrist oder eine Deckelung bei Sofortzahlungen hätten hier drin sein müssen.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ganz und gar nicht im Sinne des Verbraucherschutzes ist die Rolle rückwärts beim neuen Schadensersatzanspruch, wenn Unternehmer Verbraucher:innen in die Irre führen. Wenn ich an Haftungsfälle von Onlineplattformen oder Anlagebetrug denke, sehe ich: Bei Massenschäden läuft dieses Rechtsmittel bei sechs Monaten Verjährungsfrist weitgehend leer. Der Dieselskandal sollte uns allen da doch eine Lehre sein.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Im Koalitionsvertrag hatten Sie klare Regeln für die digitale Welt versprochen. Am Ende der Legislaturperiode sind da noch ganz schön viele Leerstellen. Bessern Sie also nach im Sinne eines Verbraucherschutzes, der diesen
Namen auch wirklich verdient hat.
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
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