Gesetzentwurf zur Urheberrechtsreform gleicht einer Großbaustelle
Mit dem heutigen Beschluss ist endgültig klar: Die Bundesregierung und insbesondere die CDU haben ihr Versprechen gebrochen, Uploadfilter nach Möglichkeit zu verhindern. Wie wir an den verschiedenen Entwurf-Versionen sehen konnten, hat sich das Bundesjustizministerium zwar ernsthaft bemüht, die Umsetzung der europäischen DSM-Richtlinie in deutsches Recht lösungsorientiert anzugehen und hierfür den nationalen Spielraum zu nutzen, wurde am Ende aber wohl vom Bundeswirtschaftsministerium an vielen Stellen massiv ausgebremst. Die im Jahr 2019 zu Protokoll gegebenen erheblichen Bedenken der Bundesregierung in Bezug auf algorithmenbasierte Uploadfilter, auf die die Große Koalition seitdem immer wieder gebetsmühlenar tig verwiesen hat, sind damit nur noch Schall und Rauch. Damit steht der Gesetzentwurf auch im Widerspruch zu der erst kürzlich im Bundestag beschlossenen Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, mit der die marktmächtigen Tech-Giganten im Zaum gehalten werden sollen. Denn die jetzt vorgeschlagene Lösung begünstigt mal wieder marktmächtige Plattformen, die mit ihren etablierten Filtersystemen ihre Marktmacht verstetigen können.
Das zweite große Problemfeld des Gesetzentwurfes sind die Schranken im Plattformbereich. Die Nutzerrechte geraten jetzt schwer ins Hintertreffen. Die Bagatellgrenze wird durch die Neuregelung praktisch unbrauchbar, für zulässige Nutzungen wie Karikatur und Parodie werden neue Hürden eingezogen, die notwendige Rechtssicherheit geht durch unbestimmte Rechtsbegriffe völlig verloren und Möglichkeiten wie das Pre-Flagging werden nicht genutzt, obwohl hiermit der standardmäßige Einsatz von scharfen Filtern und die Gefahr eines Overblockings vermieden werden könnte. Eine solche Lösung würde auch die Meinungs- und Kunstfreiheit besser schützen.
Haarsträubend ist auch das Gezerre um die Wissenschaftsschranke. Ursprünglich war die Entfristung geplant, was für die Bibliotheken und Bildungseinrichtungen Planungssicherheit geschaffen hätte. Nun wird diese aber wieder in Frage gestellt. Wir werden hier besonders genau hinschauen, denn Bildung und Wissenschaft müssen im digitalen Bereich gestärkt werden. Die aktuelle Coronakrise hat deutlich gezeigt, wie wichtig dies ist.
Die Regelungen für den Direktvergütungsanspruch, das Urhebervertragsrecht und die neuen Möglichkeiten für eine Verbandsklage und für kollektive Lizenzvergaben sind durchaus positive Neuerungen, damit die Kreativen angemessen vergütet werden können. Uns Grünen ist dabei besonders wichtig, dass die vielen selbständigen KünstlerInnen und freischaffenden AutorInnen und JournalistInnen nicht unter den Tisch fallen.
Nach all den unterschiedlichen Entwürfen haben wir nun endlich eine Grundlage für die parlamentarische Beratung, und es gilt jetzt, die vorgenommenen Änderungen auf ihre möglichen Auswirkungen genau zu prüfen und die noch offenen Baustellen anzugehen, damit nicht nur einzelne Gruppen von der Modernisierung des Urheberrechts profitieren und ein fairer Interessenausgleich gesichert werden kann.
Ich teile die hier beschriebenen Positionen nicht. Ich halte Uploadfilter nicht für grundsätzlich falsch. Was mich als Fotograf und Künstler jedoch massiv tangiert, ist die viel zu hohe 125 Kilobyte-Grenze. Das sind enteignungsgleiche Regelwerte und hier würde ich mich gerne von den Grünen besser vertreten fühlen. Ich lese dazu aber nichts.
Sehr geehrter Herr Grabe,
vielen Dank für Ihren Kommentar!
Anlässlich des Gesetzentwurfes zur Uhrheberrechtsreform führen wir momentan umfassend Gespräche, kürzlich auch mit der VG Bild und Kunst. Daher beschäftigen wir uns auch mit der Frage, ob 125 Kilobyte zu viel sind und prüfen eine konkrete Obergrenze in Pixel für Bilder als Alternative.
Beispielsweise gibt es einen Vorschlag mit 800 Pixeln, die unterhalb dessen liegen, was Plattformen als geeignete Beschaffenheit (i.d.R. mind. 1000 Pixel) für das Hochladen eines Fotos empfehlen. Möglicherweise wäre das auch für Sie eine bessere Variante.
Herzliche Grüße
Tabea Rößner
Hallo Frau Rößner,
die 125k Regel ist gefährlicher Unsinn, solange nicht definiert wird, dass es sich um unkomprimierte 8bit Daten handelt. Eine Pixelsummen-Regel (Höhe x Breite) ist klarer, muss aber im Wert Abstand zu illustrierend nutzbaren Bildgrößen halten – sonst bedeutet sie faktisch Enteignung für uns Bildautoren.
Freundliche Grüße, Roman Mensing, Fotograf (m/o VG Bildkunst und BVAF)
Nachtrag zu meinem Kommentar: Mit 8bit war 8bit pro Farbkanal gemeint (in Summe 24bit). Das zeigt übrigens, wie verwirrend die Kilobyte-Angabe ist – die Pixelzahl und damit die direkte Angabe der (erzielbaren) Bildgröße ist klarer.