Digital Services Act: Licht und Schatten
Zur heutigen Veröffentlichung des Entwurfs der EU-Kommission für den Digital Services Act erklärt Tabea Rößner, Sprecherin für Netzpolitik und Verbraucherschutz:
Wir begrüßen, dass insbesondere die großen Plattformen in die Pflicht genommen werden sollen, da sie eine zentrale Rolle bei der politischen Meinungsbildung, der Verbreitung von Informationen und dem Wirtschaftshandeln im Internet spielen. Es ist allerhöchste Zeit, dass die großen Anbieter sowohl den Nutzerinnen und Nutzern als auch externen Aufsichtsbehörden gegenüber Transparenz herstellen und Rechenschaft darüber ablegen müssen, nach welchen Entscheidungsalgorithmen Informationen ausgewählt und bevorzugt verbreitet werden. Es ist auch erfreulich, dass das Haftungsprivileg bestehen bleibt und zumindest für den Moment Uploadfilter vom Tisch sind. Die Bundesregierung muss sich nach dem Uploadfilter-Fiasko bei der Urheberrechtsreform im weiteren Prozess in Brüssel dafür einsetzen, dass diese nicht doch am Ende noch in den Digital Services Act geschummelt werden. Auch bei den Möglichkeiten der Nutzerinnen und Nutzer, gegen Löschentscheidungen der Plattformen vorgehen zu können, und der besonderen Berücksichtigung der Auswirkungen von Löschungen auf die Meinungsfreiheit wurde offenbar aus Fehlern des deutschen Netzwerkdurchsetzungsgesetzes gelernt.
Enttäuschend sind die Vorschläge für die Regulierung von personalisierter Onlinewerbung. Es ist das mindeste, dass für Nutzerinnen und Nutzer transparent gemacht wird, ob es sich bei einem Inhalt um eine Werbeanzeige handelt, wer dahintersteckt und nach welchen Parametern diese Anzeige für sie sichtbar ist und für andere vielleicht nicht. Ein Code of Conduct um das komplexe Geflecht zwischen werbenden Unternehmen, Mittelsmännern und Plattformen zu regulieren, ist aber einfach zu wenig und leider keinen Applaus wert. Für den Schutz der Bürgerrechte bedarf es hier einer deutlich strengeren Regulierung – wie sie das EU-Parlament in seinem Initiativbericht auch gefordert hat. Die EU-Kommission hat hier eine wichtige Chance verpasst. Die Erfahrung lehrt uns ja leider, dass die Vorschläge im Laufe der weiteren Verhandlungsrunden nicht mutiger werden. Eher das Gegenteil ist der Fall.
Bei den Vorschlägen für neue Aufsichtsstrukturen ist es wichtig, dass diese dann auch dem Umfang neuer Zuständigkeiten entsprechend wachsen, entsprechend finanziell und personell ausgestattet werden und es zu keinem unkoordinierten Nebeneinander mit bestehenden Aufsichtsbehörden kommt. Regulierungsmechanismen und empfindliche Strafen bei Verstößen auf dem Papier nützen nichts, wenn die Aufsicht nicht funktioniert. Auch hier muss sich die Bundesregierung in Brüssel dafür einsetzen, dass der Digital Services Act mit seinem ehrgeizigen Anspruch, die Plattformen einzuhegen, am Ende kein zahnloser Tiger wird.
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