Zwischenfrage zur Gutscheinlösung
Als am 14. Mai 2020 der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Gutscheinlösung im Bundestag beschlossen wurde, wurde vorher noch mal hitzig debattiert. Ich habe dem Abgeordneten Thorsten Frei von der CDU/CSU-Fraktion in seiner Rede eine Zwischenfrage gestellt, da er aus meiner Sicht nicht ausreichend auf die finanzielle Situation der Verbraucherinnen und Verbraucher in der Corona-Krise eingegangen ist.
Insbesondere seine Behauptung, dass das Geld nun einmal ausgegeben sei und also niemandem mehr fehlen würde, hat mich sehr erstaunt. Familien, wo die Erwerbstätigen jetzt in Kurzarbeit sind oder gar ihren Job verloren haben, wären dringend auf die Rückerstattung von ausgegebenen Kosten für Veranstaltungen angewiesen und wollen nicht mit einem Gutschein abgespeist werden. Außerdem: Je weniger man hat, desto größer ist der Unterschied, den ein oder zwei Euro machen können.
Und auch seine Behauptung, wer wenig Geld hat, würde dieses sicher nicht für teure Veranstaltungen aus dem Sport- oder Kulturbereich ausgeben, entspricht nicht meiner Wahrnehmung. Auch nicht so gut betuchte Menschen haben ein Recht darauf, am kulturellen und gesellschaftlichen Leben teilzuhaben und sparen vielleicht von langer Hand für ein Konzert oder ein Fußballspiel.
Wir GRÜNE haben daher einen eigenen Antrag eingebracht, der die Freiwilligkeit bei der Gutscheinlösung in den Vordergrund stellen und insbesondere klar benennen soll, welche Gruppen von der Härtefallklausel betroffen sind und daher nicht gezwungen werden dürfen, einen Gutschein anzunehmen. Unser Antrag ist hier zu finden.
Hier ist das Transkript aus dem Protokoll des Bundestages:
Thorsten Frei (CDU/CSU):
Worum geht es denn? Auf der einen Seite geht es um Eintrittskarten, die einen Wert haben im zweistelligen oder niedrigen dreistelligen Eurobereich. Das Geld ist ausgegeben; deswegen gerät keiner in finanzielle Not.
(Amira Mohamed Ali [DIE LINKE]: Das wissen Sie jetzt schon?)
Was fehlt, ist die kulturelle Gegenleistung. Das ist der Punkt. Und dann muss man schauen, was dem gegenübersteht. Dem steht gegenüber, dass davon auszugehen ist, dass innerhalb kürzester Zeit reihenweise Veranstalter in die Insolvenz fallen würden. Das wäre die Konsequenz. Man kann den Anspruch anmelden, in die Insolvenztabelle aufgenommen zu werden, und bekommt am Ende auch nichts.
Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage aus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen?
Thorsten Frei (CDU/CSU):
Ja, bitte schön.
Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Vielen Dank, Herr Präsident. Vielen Dank, Herr Kollege, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Sie sagten eben: Das sind ja alles kleine Beträge. – Jetzt gibt es aber Familien – vierköpfige, fünfköpfige Familien –, die darauf sparen, gemeinsam eine größere Unternehmung zu machen, und Tickets kaufen. Diese Familien leiden zurzeit massiv unter den Einschränkungen der Coronakrise; manche sind in Kurzarbeit oder Ähnliches.
(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Härtefallklausel!)
– Sie legen für die Härtefallklausel ja keine Regelbeispiele fest. – Die Regelung, die Sie jetzt einführen, geht allein zulasten der Verbraucherinnen und Verbraucher. Halten Sie das tatsächlich für angemessen?
(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Sie haben nicht zugehört! – Gitta Connemann [CDU/CSU]: Gesetzentwurf lesen! Lesen bildet!)
Thorsten Frei (CDU/CSU):
Frau Rößner, Sie haben in Ihrer Frage die Antwort im
Prinzip schon angelegt: Wir haben für die extremen Ausnahme- und Notfälle im Gesetzentwurf eine Härtefallregelung vorgesehen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Dr. Eva Högl [SPD])
Damit wollen wir die Fälle lösen, die zu sozialen Härtefällen führen würden. Wenn Sie beispielsweise als größere Familie für alle Familienmitglieder entsprechend teure Karten kaufen, dann kommen auch größere Beträge zusammen; das stimmt. Allerdings würde ich sagen, dass
in der Lebenswirklichkeit die Fälle, dass jemand, der wenig Geld hat, sehr, sehr viel Geld für kulturelle oder sportliche Eintrittskarten aufwendet, doch eher selten vorkommen dürften.
(Simone Barrientos [DIE LINKE]: Da sind Sie aber auf sehr dünnem Eis unterwegs! Was ist das denn?)
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