Zwangsgutscheine: Schaden für Verbraucher*innen und Veranstalter*innen
Statement von Tabea Rößner, verbraucherpolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Bundestag:
Mit der Einführung verpflichtender Gutscheine im Veranstaltungsbereich richtet die Koalition gleich doppelten Schaden an: Sie nimmt die Nöte vieler Verbraucherinnen und Verbraucher nicht ernst, die wegen der Krise selbst in prekärer Lage stecken. Und sie erschüttert das Vertrauen in Vertragsabschlüsse nachhaltig, so dass für die Veranstalter diese Regelung nach hinten losgehen kann, wenn Verbraucher zukünftig zurückhaltender sein werden, beim Ticketkauf in Vorkasse zu gehen. Um ein vielfältiges Kultur- und Freizeitangebot zu erhalten, bedarf es einer anderen Unterstützung von tatsächlich notleidenden Veranstaltern und Einrichtungen durch beispielsweise einen Rettungsfonds.
Leider hat der Rechtsausschuss im Bundestag heute mit den Stimmen der CDU/CSU und SPD die tiefgreifende Veränderung im Veranstaltungsvertragsrecht ohne Änderungen beschlossen, obwohl die offensichtlichen Mängel des Gesetzes in der Debatte – auch von Vertretern der Koalition – sehr deutlich angesprochen wurden. Unser Vorschlag einer freiwilligen Lösung, bei der wenigstens von Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit Betroffene, Studierende, Azubis und Freiwillige von zinslosen Zwangsgutscheinen pauschal ausgenommen werden, wurde abgelehnt. Verfassungsrechtliche Bedenken wegen des rückwirkenden Eingriffs in bestehende Vertragsverhältnisse blieben unberücksichtigt genauso wie die klare Absage der EU-Kommission zur Gutscheinlösung der Bundesregierung im Reiserecht.
Am schwersten wiegt, dass die Gutscheine nicht gegen die Insolvenz von Veranstaltern oder Freizeiteinrichtungen abgesichert sind. Die Risiken von Insolvenz und Preissteigerungen tragen allein die Verbraucherinnen und Verbraucher. Das Ziel des Gesetzes, das ja die Liquidität der Unternehmen sichern soll, wird dabei deutlich verfehlt: Die finanziellen Engpässe der Veranstalter werden nur nach hinten verschoben, wenn 2020 und 2021 größtenteils nur Gutscheine eingelöst statt neue Tickets gekauft werden und Ende 2021 weitere Auszahlungen der bis dahin nicht eingelösten Wertgutscheine anstehen.
Bereits im April hatten wir GRÜNE den Antrag „Faire und freiwillige Gutscheinlösungen im Veranstaltungs- und Freizeitbereich“ sowie den Antrag „Maßnahmen zur Rettung der kulturellen Infrastruktur in der Corona-Krise“ zur Rettung von Kultureinrichtungen in den Bundestag eingebracht. Damit wäre eine ausgewogene Lösung für alle ermöglicht worden.
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