Mündliche Frage zum Zusammenhang EU-Urheberrechtsreform und Nordstream 2

Am 03. April 2019 hatte ich in der Fragestunde des Bundestages folgende mündliche Frage an die Bundesregierung gerichtet:

Wie kann die Bundesregierung die am 25. März 2019 in einem Artikel der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ erhobenen Vorwürfe entkräften, der Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Peter Altmaier, habe die Belange der Gründer und Start-ups bei den Verhandlungen um die EU-Urheberrechtsreform abrupt fallen gelassen zugunsten einer Einigung mit Frankreich im Streit um die Nord-Stream-2-Gaspipeline, und was hat den Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Peter Altmaier, zu seinem Sinneswandel vom 21. auf den 22. Januar 2019 bewegt, als er die Ausnahmen für kleine und mittlere Unternehmen fallen ließ?

Von Seiten der Bundesregierung wurde diese Frage im Bundestagsplenum von Staatssekretär Oliver Wittke beantwortet.

Oliver Wittke, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie:

Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Kollegin Rößner, die Bundesregierung hat sich für eine Einigung zur Urheberrechtsrichtlinie auf Ratsebene eingesetzt und sich dabei für einen ausgewogenen Kompromiss in der Sache und zwischen den europäischen Partnern, insbesondere auch mit Frankreich, eingesetzt. Eine Kompromissfindung war nötig geworden, nachdem die Verhandlungen zur Urheberrechtsrichtlinie im Ausschuss der Ständigen Vertreter am 18. Januar 2019 vorerst unter anderem an der genauen Ausgestaltung der Ausnahme für kleine und mittlere Unternehmen von der urheberrechtlichen Verantwortlichkeit von Plattformen gescheitert waren und der rumänischen Präsidentschaft von den Mitgliedstaaten kein Mandat für die Fortführung der Trilogverhandlungen erteilt wurde. Insbesondere Frankreich konnte die von Deutschland geforderte Ausnahme für die genannten Unternehmen in dem gewünschten Umfang nicht mittragen. Der für den 21. Januar dieses Jahres geplante Trilog musste daraufhin abgesagt werden. Der Bundesregierung ging es bei der Kompromissfindung um einen fairen Interessenausgleich zwischen Kreativen, Unternehmen der Kulturwirtschaft, Plattformen und Nutzerinnen und Nutzern. Aus Sicht der Bundesregierung enthält die Richtlinie zahlreiche Vorschriften, die die Kreativwirtschaft fördern, unter anderem auch das Leistungsschutzrecht für Presseverlage. Bundesminister Peter Altmaier hat die Bedeutung eines angemessenen Leistungsschutzrechts für eine freie Presselandschaft mehrfach auch bei öffentlichen Veranstaltungen betont. Die Verhandlungen zur Urheberrechtsrichtlinie wurden unabhängig von den Verhandlungen zur Gasrichtlinie geführt.

Vizepräsident Thomas Oppermann:

Frau Rößner.

Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Vielen Dank, Herr Staatssekretär Wittke. – Die eigentliche Frage haben Sie nicht beantwortet, nämlich die Frage, die sich auf den Zeitungsartikel in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ bezieht. Es geht darum, dass die Urheberrechtsreform verdealt wurde mit Frankreich über die Entscheidung zu Nord Stream 2. Mich würde dieser Zusammenhang interessieren. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ ist eine Qualitätszeitung. Sie behauptet nicht irgendetwas, sondern es muss eine Grundlage dafür geben.

Oliver Wittke, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie:

Auch bei Qualitätszeitungen hat man nicht in jedem Fall die Gewissheit, dass das, was berichtet wird, tatsächlich stimmt. Darum weise ich noch einmal auf den letzten Satz meiner Ausführung hin: Die Verhandlungen zur Urheberrechtsrichtlinie wurden unabhängig von den Verhandlungen zur Gasrichtlinie geführt. Es gab keinen Zusammenhang zwischen den beiden Sachverhalten, die zwar zur gleichen Zeit, aber nicht gemeinsam abhängig voneinander verhandelt wurden.

Vizepräsident Thomas Oppermann:

Sind Sie damit zufrieden?

Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Nein.

Vizepräsident Thomas Oppermann:

Dann dürfen Sie noch eine Frage stellen.

Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ich möchte gerne noch weiter fragen. Wie erklären Sie sich dann, dass es zu diesem Vorwurf kommt, der in der Zeitung sehr deutlich beschrieben wurde? Was entgegnet der Bundesminister den Vorwürfen, beispielsweise des Beirates „Junge Digitale Wirtschaft“, nachdem er vorher betont hat, dass der Standort gerade für künstliche Intelligenz wichtig ist, aber die Start-up-Szene davon geschwächt werden wird?

Oliver Wittke, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie:

Wir glauben, dass wir mit dem Kompromiss, den wir im Bereich der Urheberrechtsrichtlinie getroffen haben, der Kreativwirtschaft massiv helfen. Es gibt viele positive Rückmeldungen von Verlegern, von Kulturschaffenden, von Kreativen. Darum sind wir mit dem Ergebnis so zufrieden. Wir hätten uns etwas anderes vorstellen können, wenn wir es hätten allein formulieren können. Aber das war nicht möglich. In Europa muss man auch Kompromisse eingehen. Wir glauben, dass wir für die Kulturwirtschaft etwas Hervorragendes hinbekommen haben. Eingehend auf Ihren ersten Teil, wie ich mir erkläre, was der Autor geschrieben hat, will ich mich nicht in Textexegese ergehen. Sie müssen den Autor fragen, was er sich dabei gedacht hat. Wir können uns das nicht erklären.

Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]:

Ich habe gefragt, wie Sie es sich erklären, dass es zu diesem Vorwurf kam!

Oliver Wittke, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie:

Ich kann Ihnen nicht sagen, wie es zu einem Vorwurf kommt, den andere erheben. Dann müssen Sie diejenigen fragen, die diesen Vorwurf erheben.

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