Rede zu TOP 05 Verschlüsselung am 29.11.2018

Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich kann mich noch gut erinnern: 2013 hat Jimmy Schulz zur ersten Kryptoparty im Bundestag eingeladen und immer wieder ein Recht auf verschlüsselte Kommunikation gefordert. Er hat bei diesem Thema also zweifellos Street Credibility.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Anke Domscheit-Berg (DIE LINKE))

Umso irritierender war dann der Wahlkampfslogan der FDP: „Digital first. Bedenken second.“ Da kann ich nur sagen: Es hilft alles nichts, wenn die Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker sich abrackern und gute Arbeit machen, die Partei- oder Fraktionsspitze dann aber nicht hinter den guten Vorschlägen steht. Davon können die digitalpolitischen Kolleginnen und Kollegen von SPD und Union ja auch ein Klagelied singen.

Mit dem vorliegenden Antrag will die FDP in Erinnerung rufen, dass sie verantwortungsbewusste Digitalpolitik kann.

(Jimmy Schulz (FDP): So ist es!)

Ich hoffe, dass das auch beim Fraktionsvorsitzenden angekommen ist.

(Beifall der Abg. Dr. Anna Christmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Christian Lindner (FDP): Aber hallo!)

Gerade die vertrauliche Kommunikation ist nämlich besonders wichtig. Der folgenschwerste Angriff auf den Bundestag beispielsweise erfolgte 2015 über Mails. Da befand sich die FDP bekanntlich im Bildungsurlaub. Monatelang flossen Daten ab. Diese Angriffe auf die Infrastruktur von Bundestag und Bundesregierung sind Angriffe auf unsere Demokratie, die es zu schützen und zu verteidigen gilt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Jimmy Schulz (FDP))

Vertrauliche Kommunikation ist aber nicht nur für uns notwendig. Eine Journalistin zum Beispiel muss genauso vertraulich mit einem Informanten kommunizieren können wie wir. Dafür brauchen beide einen sicheren Weg. Aber E-Mails sind im Moment – das wurde schon gesagt – wie Postkarten und nicht wie im Briefumschlag verschlossene Briefe, solange sie nicht verschlüsselt sind. Und wenn Menschen sich nicht trauen, in E-Mails oder Chats ihre Meinung zu äußern aus Angst, dass jemand mitliest, dann rührt das an unseren demokratischen Grundfesten wie Presse- und Meinungsfreiheit oder das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Diese Grundrechte muss der Staat sichern. Das ist unsere Aufgabe, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich denke, Sie alle wollen nicht, dass kompromittierende Fotos von Ihnen in Umlauf kommen oder Ihre IoT-Geräte Hackern Auskunft darüber geben, wann Sie zu Hause sind oder was Sie Alexa gestern alles gefragt haben. Last but not least geht es hier ja auch um den Schutz vor Industriespionage und Sabotage, also um knallharte Wirtschaftsinteressen am Industriestandort Deutschland. Das müsste doch auch im Interesse von Union und SPD sein.

(Sebastian Hartmann (SPD): Ist es!)

Laut ihrer Digitalen Agenda wollte die Große Koalition Deutschland zum Verschlüsselungsland Nummer eins machen. Das ist an und für sich eine tolle Idee; aber auf die Umsetzung warten wir schon lange. Fangen Sie doch bei sich mal an: E-Government – das ist eh ein trauriges Kapitel bei der Bundesregierung – könnten Sie mit der Verschlüsselung richtig voranbringen. Dafür müssten Sie aber jetzt die Weichen stellen und die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung endlich zum Standard machen. Viele weitere Empfehlungen für eine sichere Kommunikation finden Sie übrigens im inzwischen fünf Jahre alten Bericht der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ und, wie Konstantin von Notz schon gesagt hat, in unserem Grünen-Antrag vom März.

Im FDP-Antrag ist viel Schönes drin. Deshalb unterstützen wir ihn.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

 

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