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Neue Leitlinien der FFA: Kein Platz für Überraschendes

Nachdem im Juni 2017 der Verwaltungsrat der Filmförderungsanstalt (FFA) die neuen Förderleitlinien beschlossen hat, ist Kritik an dem neuen Schwerpunkt der hier formulierten Leitlinien laut geworden. Selbst die Beauftragte des Bundes für Kultur und Medien, Monika Grütters, äußerte hierzu, dass sie die neue, viel stärkere Ausrichtung der FFA an rein wirtschaftlichen Kriterien für falsch halte. Den neuen Leitlinien zufolge sollen grundsätzlich nur noch Langfilmprojekte mit einem Gesamtbudget von mindestens 2,5 Millionen Euro und einem Potential von mindestens 250.000 Besucher*innen gefördert werden.

Ich habe dazu zwei schriftliche Fragen an die Bundesregierung gestellt. Zum einen habe ich mich nach der Zusammensetzung der Förderjurys erkundigt, da die FFA auf Anfrage von Journalist*innen nicht bekannt geben wollte, welche Gremienmitglieder an welcher Jurysitzung teilgenommen haben. Zum anderen wollte ich wissen, ob nach Ansicht der Bundesregierung die neuen Leitlinien der FFA mit dem Zweck der Filmabgabe vereinbar sind, dem Gruppennutzen der gesamten Branche zu dienen und ob es zielführend ist, nur noch Filme mit einem hohen Besucher-Potential zu fördern. Denn was hierbei auf der Strecke bleibt ist der Faktor der relativen Wirtschaftlichkeit: Filme mit einem kleinen Budget können im Verhältnis zu ihren Produktionskosten sehr erfolgreich bei den Besucherzahlen sein, während ein Film mit riesigem Budget zwar im Vergleich mehr Besucher ins Kino lockt, aber im Verhältnis zu seinen Kosten die Erwartungen nicht erfüllt hat. Wir hatten im Rahmen der Novelle des Filmförderungsgesetzes im vergangenen Jahr bereits diese Problematik angesprochen und Vorschläge für eine sinnvolle Reform unterbreitet.

Nun hat mir die Bundesregierung in ihrer Antwort die Zusammensetzung der einzelnen Förderjurys genannt, die seit Beginn des Jahres 2017 getagt haben. Das zeigt: Obwohl im neuen Filmförderungsgesetz eine größere Transparenz für die FFA festgelegt worden war, muss man sie doch immer noch zur Transparenz zwingen. Ein Mentalitätswandel hat offenbar noch nicht stattgefunden.

In Bezug auf die Frage nach den neuen Förderleitlinien wurde mir lapidar geantwortet, diese seien ja nicht bindend und würden keine strikten Vorgaben enthalten. Daher könnten auch weiterhin Filmvorhaben gefördert werden, die nicht den Kriterien aus dem Leitlinienkatalog entsprechen. Ich sehe das kritisch: Die Leitlinien formulieren ja sehr deutlich, was gefördert werden soll und was nicht. Ich bin sicher, dass es kleinere Filme ab jetzt deutlich schwerer haben werden gefördert zu werden und in den meisten Fällen sicher mit Verweis auf die Leitlinien eine Absage erhalten. Interessant daran ist aber auch, dass es in der Antwort auf meine Frage noch so klingt, als würde die Bundesregierung die neuen Leitlinien verteidigen. Kurze Zeit später aber hat Staatsministerin Grütters ihre deutliche Kritik veröffentlicht.

Was kann man nun daraus schließen? Zum einen muss die Beauftragte für Kultur und Medien immer wieder zum Jagen getragen und auf Missstände aufmerksam gemacht werden. Zum anderen ist in der FFA noch kein Wandel zu mehr Offenheit zu beobachten. Die Transparenz besteht zunächst weiterhin nur auf dem Papier im FFG. Es bleibt die Aufgabe von Parlamentarier*innen und Journalist*innen, der FFA Informationen über ihre Arbeitsweise abzuringen.

Das FFG scheint von der FFA also als lästiges Korsett empfunden zu werden. Darauf weisen auch die neuen Leitlinien hin. Denn im neuen FFG sind vom Bundestag absichtlich kleinere Förderjurys festgelegt worden, die auch regelmäßig rotieren. Dies soll dazu führen, dass Förderentscheidungen weniger vorhersehbar sind und auch kleinere, überraschende oder ungewöhnliche Filme eine Chance haben, eine Förderzusage zu erhalten. Doch dies ist der FFA offenbar zu viel Unberechenbarkeit. Die Leitlinien kann man als Reaktion auf diese kleineren Jurys lesen: Indem „grundsätzlich“ nur noch Filme mit großem Budget und hohem Besucherpotential gefördert werden sollen, werden auch weiterhin nur die Filme eine Förderung erhalten, die ohnehin bereits über ein ordentliches Budget verfügen, ganz nach dem Motto „Wer hat, dem wird gegeben“. Nachwuchsprojekte, ungewöhnliche Ideen und Filmprojekte mit kleinerem Budget haben also jetzt von vornherein kaum noch Chancen. Das trifft auch in besonderem Maße weibliche Filmemacherinnen, die seltener bei den Filmprojekten mit den großen Budgets vertreten sind. Die FFA macht also deutlich, dass es bei ihr keinen Platz für Überraschendes gibt und sie auch weiterhin nur die Interessen der großen Player vertritt. Und die Geschlechterungerechtigkeit bei der Filmförderung wird weiter manifestiert. Wie traurig!

 

Die Übersicht über die Jurymitglieder, wie sie mir von der Bundesregierung mitgeteilt wurden, sind hier zu finden.

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