Tagesschau App: Bedauerliches Signal

Anlässlich des heutigen Urteils des Oberlandesgerichts Köln zur Unzulässigkeit der Tagesschau App vom 15. Juni 2011 erklärt Tabea Rößner:

„Das Urteil des OLG Köln, dass die Tagesschau App unzulässig sei, ist bedauerlich. Auch wenn es lediglich die Version vom 15. Juni 2011 betrifft, hat das Urteil doch eine gewisse Signalwirkung auf das zugrundeliegende Gesamtkonzept.

Das Problem liegt aber weniger bei dem Gericht, als vielmehr bei dem Recht, das sie anzuwenden haben. Man sollte es daher gleich an der Wurzel packen: Und das ist der begrenzte Radius, in dem sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk derzeit im Netz bewegen darf. Die technischen Entwicklungen lassen sich nicht aufhalten. Kommunikation und Information werden zukünftig überwiegend digital ablaufen. In diesem zunehmend digitalen Umfeld aber ist es nicht mehr zeitgemäß, Kriterien aus einer analogen Welt wie „presseähnlich“ und „sendungsbezogen“ anzuwenden.

Es ist Zeit für einen umfassenden Denkprozess, wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch im Verhältnis zu den anderen Marktbeteiligten zeitgemäß agieren und seinen verfassungsrechtlichen Auftrag erfüllen kann. Rechtlich wäre da noch Spielraum: Denn nicht die EU-Kommission hat diese Kriterien vorgegeben, die kamen erst durch die Ministerpräsident*innen in den Rundfunkstaatsvertrag. Diese sollten nun nochmal einen Schritt zurückgehen. Mit einer echten Idee von einer vielfältigen medialen Landschaft muss es doch möglich sein, einen für alle Beteiligten gedeihlichen Rechtsrahmen zu schaffen.

Ein solcher zukunftsorientierter Denkprozess darf aber nicht wie üblich nur unter Ministerpräsident*innen und Staatskanzlei-Vertreter*innen hinter verschlossenen Türen stattfinden, sondern muss in einem öffentlichen Diskurs alle gesellschaftlichen Gruppen beteiligen. Die Zuschauerinnen und Zuschauer, die Zuhörerinnen und Zuhörer sind diejenigen, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk finanzieren. Sie haben ein Anrecht darauf, an der Diskussion darüber beteiligt zu werden, wie dieser Rundfunk sich im Netz neu aufstellen soll.“

 

Teile diesen Inhalt:

  1. Patrick S

    Wenn man den ÖR mehr Angebote oder längere Verweildauer im Internet geben will muss man auf der anderen Seite aber auch über die alten Strukturen und Angebote diskutieren ob sie alle so nötig oder sinnvoll sind. Einfach immer mehr machen ist keine sinnvolle Entwicklung. Mehr und längere internetangebote bedeutet auch wieder höhere Kosten die die Beitragszahler Schultern müssen.
    Ich habe keine Probleme wenn die ÖR etwas mehr im Internet machen… Wenn gleichzeitig endlich mal Reformen an den Strukturen angegangen werden und teure Doppelstrukuren abgebaut werden. Der einfache Weg den ÖR wieder einfach etwas mehr machen zu lassen geht nicht.

    Antworten
  2. Karl Winzer

    Liebe Frau Rößerin*in,

    es ist vor allem mal Zeit, darüber nachzudenken, ob der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk überhaupt noch eine gesellschaftliche Funktion hat. Im digitalen Zeitalter gibt es genügend Medien, die wesentlich unabhängiger berichten als es ARD und ZDF können.

    Grüße

    Antworten

Artikel kommentieren


* Pflichtfeld