Deutscher Bundestag/Achim Melde

Deutscher Bundestag/Achim Melde

Bundestagsrede zum Etat der Kulturstaatsministerin 07.09.2016

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren,

„Die Kunst ist eine Tochter der Freiheit“, sagte Friedrich Schiller. Ich sehe uns hier in der Pflicht, die Rahmenbedingungen zu schaffen, damit für Künstlerinnen und Künstler in unserer Gesellschaft eine maximale Freiheit hergestellt werden kann. Gerade jetzt, gerade in diesen Zeiten!

Wir müssen uns daher fragen: Was ist uns die künstlerische Freiheit wert?
Der vorliegende Etatentwurf zeigt: Sie ist uns viel wert. Bei der Filmförderung beispielsweise leisten wir uns Investitionen in Höhe von 50 Millionen jährlich. Und das ist gut so. Aber Geld ist nicht alles, die Rahmenbedingungen müssen stimmen. Und da liegt bei der Filmpolitik noch einiges im Argen. Die Novelle des Filmförderungsgesetzes ist jedenfalls kein großer Wurf für die Kreativen.

Nehmen wir die Vergabegremien: Dort geben nicht die Kreativen den Ton an, nein, die Macht haben weiterhin die Verwerter. Und denen geht es – das liegt in der Natur der Sache – vor allem ums Geldverdienen und weniger um den künstlerischen Wert eines Films. Dabei können Regisseure oder Drehbuchautorinnen vielleicht eher das Potenzial eines Stoffes erkennen als Betriebswirtschaftler. Wir fordern: Mehr Kreative in die Vergabegremien! Das bringt den Filmschaffenden mehr künstlerische Freiheit.

Für Kreativität braucht es auch zeitliche Freiräume. Aber anstatt neue spannende Stoffe zu entdecken, müssen Filmschaffen¬de Anträge schreiben. Die FFG Novelle vereinfacht leider nicht die aufwändigen Antragsverfahren. In der Zeit, in der sich Filmemacher durch Förderrichtlinien lesen, hätte Schiller schon die ersten zwei Akte der Räuber geschrieben.

Beim FFG gibt die Bundesregierung den Kreativen nicht genügend Freiheiten, den Journalisten beschneidet sie die Freiheit sogar noch. Hier im Land beobachtet der Verfassungsschutz Journalisten, und mit einem neuen Gesetz soll der BND Journalisten demnächst außerhalb der EU praktisch schrankenlos überwachen dürfen. Das ist eine folgenschwere Einschränkung der Pressefreiheit und mit unserem Grundgesetz Artikel 5 nicht vereinbar. Sicherlich ist die weltpolitische Lage angespannt und unübersichtlich, aber aus einem Sicherheitsbedürfnis heraus Grundrechte derart auszuhöhlen – das heißt: Kapitulieren vor dem Terror.

Anstatt Journalisten weltweit auszuspionieren, sollten wir besser diejenigen unterstützen, die nicht die Freiheit genießen, wie sie in demokratischen Ländern existiert. In der Türkei sind Verhaftungen von Journalisten an der Tagesordnung, kritische Zeitungen werden geschlossen, Material beschlagnahmt – wovon offenbar auch die Deutsche Welle betroffen ist. Ich erwarte mir von dieser Bundesregierung und auch von Ihnen, Frau Staatsministerin, klare Signale an Länder wie die Türkei, dass für uns die Meinungs- und Pressefreiheit nicht verhandelbar sind!

Auch in Deutschland ist bei der Pressefreiheit noch Luft nach oben. Seit einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vor dreieinhalb Jahren stehen Journalisten gegenüber Bundesbehörden mit einem Wunsch auf Auskunft auf schwammiger Rechts¬grundlage – und werden immer wieder abgeblockt. Was hat sich seitdem getan? Nichts! Wir brauchen endlich ein Bundesgesetz für ein Presseauskunftsrecht, damit Journalisten auch von Bundesbehörden die gewünschten Auskünfte bekommen.

Die Freiheit von Urheberinnen und Urhebern kann auch durch eine angemessene Vergütung gewährleistet werden. Aber wo bleibt Ihr Engagement in diesem Bereich, liebe Frau Grütters? Mit dem Kabinettsbeschluss zum Urhebervertragsrecht wird gerade nicht die Freiheit der Autoren, Journalisten und anderer Urheber gegenüber den mächtigen Verwertern gestärkt. Justizminister Maas hat zwar viel angekündigt, die notwendi¬gen Schritte dafür – wie ein verbindliches Schiedsverfahren bei der Aufstellung gemeinsamer Vergütungsregeln – hat er aber leider nicht gewagt.

Die Freiheit von Journalisten, Urhebern und Künstlern kommt nicht von alleine. Wir müssen stets für sie kämpfen und sie verteidigen. Kraft unserer Worte, Kraft unserer Taten – oder auch gerne mit schnödem Mammon.

Vielen Dank.

 

Teile diesen Inhalt:

Artikel kommentieren


* Pflichtfeld