Rede zum Aufhebungsgesetz Leistungsschutzrecht

"Rock the mic." via flickr.com/Florian Plag, Lizensiert unter CC BY 2.0Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren,

in Vorbereitung auf diese Debatte habe ich noch einmal die Protokolle der früheren Leistungsschutzrechtsdebatten gelesen. Da findet man manch‘ Spannendes. Zum Beispiel dieses Zitat von Montesquieu: „Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, dann ist es notwendig, kein Gesetz zu machen.“ Zitiert hat dies Brigitte Zypries von der SPD bei der abschließenden Lesung. Heute ist die geschätzte Kollegin Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium, und mit dem vorliegenden Aufhebungsgesetz verlangen wir von ihr und ihren Kollegen der schwarz-roten Koalition genau das, was Montesquieu sagt: Dass ein unnötiges Gesetz wieder rückgängig gemacht wird.

Wie unsinnig das Leistungsschutzrecht ist, hat die Posse rund um Google und die VG Media bewiesen. Zuletzt haben die meisten der in der VG Media zusammengeschlossenen Verlage, darunter auch Springer als Leistungsschutzrechtvorantreiber, entschieden, dass sie auf Google weiterhin auch mit den Snippets ihrer Texte gefunden werden wollen. Warum? Weil sie sonst erhebliche Rückgänge ihrer Klickzahlen zu verbuchen hätten. Darum haben diese Verlage eine widerrufliche Einwilligung an Google erteilt, dass ihre Verlagsinhalte in Snippets weiterhin wie üblich angezeigt werden dürfen – und zwar gratis.

Erinnern wir uns doch noch mal kurz an die Begründung des Leistungsschutzrechts. Damals sagte Günter Krings von der CDU: „Das Leistungsschutzrecht allein wird die Pressevielfalt in Deutschland nicht sicherstellen. Aber es ist ein wichtiger Beitrag für den Erhalt einer lebendigen Presselandschaft in unserem Land.“ (Debatte zum Leistungsschutzrecht, 1. Lesung am 29.11.2012) Ich konstatiere: Das Leistungsschutzrecht hat exakt null zum Erhalt der Presselandschaft beigetragen. Bisher flossen unseres Wissens nach keine Lizenzgebühren von Suchmaschinen an die Verlage. Die Aggregatoren wie bei web.de oder Rivva haben etliche Verlagsangebote vorsorglich aussortiert. Andere stellen Google ihre Snippets wieder gratis zur Verfügung. Verdient haben bisher nur Anwälte. Und war das überraschend? Nein, denn wie Kollegin Zypries in der gleichen Rede sagte: „Denn ich garantiere Ihnen: Vor allem Gerichte werden sich mit dem Leistungsschutzrecht befassen, bevor auch nur irgendein Verlag Geld für sein Angebot im Internet bekommt.“ Oder Thomas Oppermann, heute Fraktionsvorsitzender der SPD: „Es ist ein Arbeitsbeschaffungsprogramm für Rechtsanwälte, und das dürfen wir als Bundestag nicht beschließen.“ Oder Kollege Lars Klingbeil, auch von der SPD: „Das ist eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Anwaltskanzleien. Gerichte müssen nachher klären, wie es mit diesem Leistungsschutzrecht weitergeht. Sie schaffen Rechtsunsicherheit, und ich sage Ihnen: Sie verhindern auch Innovationen.“ (Debatte am 01. März 2013). Recht hatte und hat er. Es kam die Wahl, das Leistungsschutzrecht blieb, trotz aller Mängel. Lediglich eine Evaluierung versprach der Koalitionsvertrag. Wir aber geben zusammen mit der Linken den Kolleginnen und Kollegen der SPD die Möglichkeit, eine verpasste Chance doch noch zu nutzen und das Leistungsschutzrecht aufzuheben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, Sie müssen nicht die Suppe auslöffeln, die Ihnen maßgeblich von der Union eingebrockt wurde. Denn die Union – das muss man klar sagen – war bis auf wenige Abgeordnete geschlossen für das Leistungsschutzrecht und hat es regelrecht durchs Parlament geprügelt.

Gestern in der Anhörung zum Urheber- und zum Leistungsschutzrecht haben ausnahmslos alle Experten, auch die von der Koalition benannten, die Abschaffung des Leistungsschutzrechts gefordert. Hören wir doch mal auf die Fachleute!

Ich finde, als Mitglieder des Bundestages haben wir die Pflicht, unsere Arbeit kritisch zu hinterfragen. Wenn etwas so offensichtlich schief läuft, wie das Leistungsschutzrecht, ist es keine Schande, einen Fehler zuzugeben und zu korrigieren. Es wäre aber eine Schande, trotz besseren Wissens weiterzumachen wie bisher. Es ist ganz einfach. Stimmen Sie dem Gesetzentwurf von Linken und uns zu – oder legen Sie einen eigenen zur Abschaffung des Gesetzes vor. Sie haben über die Weihnachtspause Zeit, sich darüber Gedanken zu machen und sich einen Ruck zu geben. Danke.

Hier finden Sie den Gesetzentwurf von Linken und Grünen.

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