Digitale Agenda und Medienkompetenz: Ideenlos und unambitioniert

Die Digitale Agenda, so hat die Bundesregierung nach der Wahl verkündet, sollte der Aktionsplan für die digitale Gesellschaft der Zukunft werden. Aber die Digitale Agenda, die vor drei Wochen vom Nachrichtenportal netzpolitik.org zur öffentlichen Diskussion gestellt wurde, zeigt vor allem eins: Die Bundesregierung hat weder eine Vision, wie diese digitale Gesellschaft aussehen soll, noch hat sie interessante Ideen.

Im Bereich der Medienkompetenz ist die Stille besonders laut. Nach dem Willen der Bundesregierung sollen Informationsplattformen eingerichtet werden, um BürgerInnen in ihrer Doppelrolle als KonsumentInnen und ProduzentInnen von Webinhalten informations- und medienkompetenter zu machen. Der konkrete Zweck dieser Informationsplattformen bleibt aber völlig unklar: Sollen die Menschen in diesem Land für Urheberrechtsfragen sensibilisiert werden? Geht es um jugendgerechte Inhalte? Oder die Bewerbung speziell deutscher Serviceanbieter (etwa deutsche Firmen, die verschlüsselte Kommunikation anbieten, oder deutsche Suchmaschinenbetreiber)? Geht es um Datenschutzbestimmungen? Eine Informationsplattform, die sich von den bereits bestehenden, guten Angeboten nur durch den Bundesadler im Impressum unterscheidet, brauchen die BürgerInnen sicher nicht.
Auch die Ankündigung, Medienkompetenz bei Kindern und Jugendlichen durch Informationsangebote für die Medienerziehung in Familien und altersgerechte Medienumgebungen zu fördern, bleibt unkonkret. Wir als Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben 2011 in einem Positionspapier dargelegt, wie wir uns eine Förderung im Bereich Medienkompetenz vorstellen. Unter anderem fordern wir, dass Medienbildung als roter Faden in alle staatlichen Bildungsangebote verwoben wird. Davon ist im Entwurf der Digitalen Agenda nichts zu sehen.

Und noch etwas fehlt im Entwurf: der naheliegende Vorschlag, best practice-Ansätze zu fördern. Es gibt viele tolle Projekte in Medienpädagogik und Informatik, die sich praktisch und erfolgreich mit Medienkompetenz befassen. Wieso muss diese Bundesregierung krampfhaft alles neu machen, wo doch engagierte Akteure in der schulischen und außerschulischen Medienbildung eine lange Liste nachahmenswerter Projekte produzieren (ab Seite 40).
Darüber hinaus fehlt mir im Bereich der Medienkompetenz jeglicher Hinweis auf die Tatsache, dass auch das Programmieren von Computern als medienkompetentes Handeln anerkannt wird. Die Fähigkeit, Programmcode zu lesen oder sogar zu schreiben, ist eine Grundlage für die gesellschaftliche Teilhabe aller Menschen, egal ob jung oder alt. Grundkenntnisse im Programmieren helfen, Zusammenhänge zu verstehen. Dieses Ziel haben wir, neben vielen anderen Handlungsempfehlungen, 2011 im Abschlussbericht der Projektgruppe „Medienkompetenz“ der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ festgehalten.

An den parteiübergreifenden Empfehlungen der Enquete macht sich für mich das eigentlich Enttäuschende an der Digitalen Agenda fest: Die Agenda ist nicht nur aus grüner Sicht ein Rückschritt. Im Rahmen der Enquete haben fünf Fraktionen unter anderem Empfehlungen zum Bereich der Medienkompetenz erarbeitet. Drei Jahre später können zwei Fraktionen sich nicht mehr zur Umsetzung der beschlossenen Empfehlungen durchringen.

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