Bericht über meine Ruandareise

14-07-04 ruandaHier findet Ihr den Bericht in gelayouteter Form mit Fotos als [REISEBERICHT.pdf]

GesprächspartnerInnen:

  • Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Kigali Peter Fahrenholz
  • Uwe Mayer, Koordinationsbüro der Partnerschaft/Jumelage Rheinland-Pfalz/Ruanda;
  • Lucia Fetzer, ZFD-IBUKA, Therese Uwitonze, IBUKA;
  • VertreterInnen der National Commission for the Fight against Genocide (CNLG)
  • Jean-Claude Kazenga, Überlebender
  • Opfer des Genozids, die in der Versöhnungsarbeit aktiv sind
  • Vertreterinnen des Unity Club, u.a. Régine Iyamuremye
  • Dr. Frank Habineza, Vorsitzender der Democratic Green Party of Rwanda
  • Jean Claude Ntezimana, Generalsekretär der Democratic Green Party of Rwanda
  • Marie Immaculée Ingabire, Vorsitzende Transparency International Rwanda
  • MedienvertreterInnen und JournalistInnen, u.a. Kenney Ndahiro, New Times
  • VertreterInnen der Rwandan Media Commission sowie des Media Self regulatory Body, u.a. Murenzi Lawrence und Karema Luke Ibrahim
  • VertreterInnen des Media High Councils
  • Journalismus-Studierende der Université Catholique
  • Eric Kabera, CEO Kwetu Film Institute
  • Roger Müller, Deutsche Welle Kigali
  • Besichtigungen:
  • Gedenkstätte Gisozi, Kigali
  • Ziviler Friedensdienst/IBUKA, Butare
  • AVEGA (Rwanda Genocide Widows Association), Kigali
  • Koordinationsbüro Partnerschaft/Jumelage Rheinland-Pfalz/Ruanda
  • Goethe-Institut, Kigali
  • Relaisstation der Deutschen Welle, Kigali
  • Press House, Kigali
  • Fernsehsender TV10, Kigali
  • Radio Libre, Kigali
  • New Times, Kigali
  • Journalistisches Institut der Université Catholique, Gitarama
  • Kwetu Film Institut, Kigali
  • Nationalmuseum, Butare
  • Nationalpark, Ruhengeri

 

Aktuelle Situation

Auch 20 Jahre nach dem Genozid ist die Gesellschaft in Ruanda noch tief traumatisiert. Angesichts dieses schweren Erbes hat das Land zwar große Fortschritte gemacht, dennoch ist ein nachhaltiger innerer Frieden noch nicht erreicht. Militär und Polizei sind überall präsent. Dafür ist das Straßenbild auffällig sauber, und man kann selbst in Kigali abends auf den Straßen unterwegs sein, ohne Sorgen vor Überfällen haben zu müssen, in anderen Metropolen Afrikas kaum vorstellbar.

Ruanda steht vor großen Herausforderungen: Die Bevölkerung wächst rapide. Lebten vor 30 Jahren drei Millionen Menschen im Land, sind es inzwischen elf Millionen. Zudem ist die Bevölkerung sehr jung: 70 Prozent der Menschen sind unter 25 Jahre alt, nur zwei Prozent älter als 65. Auch Kigali ist in den vergangenen Jahren sehr schnell gewachsen. 1979 lebten in Kigali rund 121.600 Menschen, aktuell sind es rund 1,3 Millionen.

Vorrangiges Ziel der Regierung ist die wirtschaftliche Entwicklung und die Bekämpfung der Armut. Deshalb treibt die Regierung eine sich selbst tragende wirtschaftliche und soziale Entwicklung voran, die langfristig von internationaler Entwicklungszusammenarbeit unabhängig sein soll – auch wenn Ruanda noch viele Jahre auf Hilfe von internationalen Gebern angewiesen sein wird.
Es gibt zu wenige Arbeitsplätze für zu viele oft gut ausgebildete Menschen. Die Anhebung der Schulpflicht von sechs auf zwölf Jahre verschiebt dabei das Problem lediglich in die Zukunft. Auch wenn ein großer Fokus auf die Bildungspolitik gelegt wird, so erreicht die Bildung nicht alle Kinder. Hohe Kosten für Bücher, Schulgeld für die Sekundarstufe u.a. führen dazu, dass Eltern ihre Kinder nicht zur Schule schicken können. Zudem verdienen Lehrer umgerechnet etwa 65 Euro im Monat, daher ist der Lehrerberuf für Viele nur ein Übergangsjob.

Die Amtssprache wurde vor wenigen Jahren von Französisch auf Englisch umgestellt. Dies bringt viele Probleme mit sich. So müssen beispielsweise in den Schulen Lehrer nun in Englisch unterrichten, obwohl sie die Sprache nur unzureichend beherrschen.

Wirtschaftliche Entwicklung

Ruanda hat keinen eigenen Zugang zum Meer, kaum produzierendes Gewerbe und nur wenige Rohstoffe und ist daher auf teure Importe angewiesen. Das Land war früher größter Lieferant für Kassiterit, allerdings lohnte sich der industrielle Abbau lange nicht. Aufgrund der weltweiten Nachfrage sind Preise für seltene Erden gestiegen, weshalb eine stillgelegte Mine wieder aktiviert werden soll.

In Ruanda wurde das Größte Solarkraftwerk in der Subsahara gebaut. Allerdings verfügen nur 15 Prozent der Bevölkerung über einen Stromanschluss. Von einzelnen Projektträgern der Entwicklungszusammenarbeit wurden Solarpanelen auf Hütten montiert, der Strom reicht für Licht, PCs und Handys, aber schon nicht mehr für das Betreiben eines Kühlschranks. Strom wird häufig mit Diesel-Aggregatoren produziert und ist daher extrem teuer. Es gibt die Vision, mit Methan vom Kivusee zum Stromexporteur zu werden, allerdings ist die  Methangewinnung schwierig und ökologisch kritisch.

Mit dem Masterplan 2020 will die Regierung Ruanda zu einem modernen Konferenz-Zentrum und zu einem technologischen Wirtschaftsstandort, einem afrikanischen Silicon Valley, entwickeln – man hat beispielsweise die DSL-Technologie übersprungen und fast flächendeckend Glasfaser verlegt. Der Weg zu einem IKT-Standort ist aber noch ein weiter. Die meisten Menschen können sich einen Internetanschluss nicht leisten. Zudem bedarf es einer besseren Ausbildung in dem Bereich, viele Lehrer haben den Umgang mit Computern nicht erlernt. Mit der Vision 2020 will die Regierung Ruanda zu einem middle income country machen. Die Diskrepanz zwischen Zielen und der Realität ist offensichtlich.

Tourismus bietet nur bedingt eine Entwicklungsmöglichkeit, da das Land nur wenige Sehenswürdigkeiten hat wie den Vulkan-Nationalpark mit seinen Berggorillas, den Nyungwe-Nationalpark mit einem alten Urwaldbestand, den Kiwu-See sowie den Akagera-Park.

Internationale Entwicklungszusammenarbeit

Ruanda ist abhängig von der Entwicklungshilfe. Neben der Weltbank ist die Europäische Union der größte Geber. Für den Zeitraum 2014 bis 2020 sollen rund 460 Mio. Euro an Hilfsleistungen für Ruanda zur Verfügung stehen mit Schwerpunkten bei der Energieversorgung, Ernährungssicherung und guter Regierungsführung.

Deutsche Entwicklungshilfe hat ein sehr gutes Standing. Auffällig ist das Engagement der VR China in Ruanda. China sieht aufgrund seiner Interessen an Rohstoffen in Afrika, insbesondere im Kongo, Ruanda als wichtigen Stabilitätsfaktor in der Region und konzentriert sich auf den Ausbau der Infrastruktur und realisiert Bauprojekte wie das Convention Center in Kigali.
Die Partnerschaft/Jumelage Rheinland-Pfalz/Ruanda existiert seit über 30 Jahren.  Hauptbetätigungsfeld ist der Bau von Schulen. Allein in diesem Jahr werden 40 Projekte realisiert. Darüber hinaus gibt es viele Vereine, die auf Ebene einer Graswurzelpartnerschaft Vereine in Ruanda betreuen und vom Partnerschaftsverein unterstützt werden. 52 kommunale Partnerschaftsvereine und 220 Schulpartnerschaften gibt es, und im vergangenen Jahr waren 40 Schul-Besuchsgruppen in Ruanda. Zukünftig sollen neue Projekte im Kulturbereich angegangen und ein neuer Schwerpunkt auf die handwerkliche Ausbildung gelegt werden.

Demokratische Entwicklung

Kagame regiert mit harter Hand und sorgt so für Stabilität. Dabei kommt es immer wieder zu Missachtung bzw. Einschränkung von Menschenrechten. Das Land wirkt ruhig, aber viele Beobachter sprechen davon, dass es unter der Oberfläche brodelt. Mit Sorge wird die Zeit über das Ende der Amtszeit Kagames nach 2017 gesprochen. Eine dritte Amtszeit Kagames, für die die Verfassung geändert werden müsste, steht in der Diskussion. Andere Beobachter erwarten, dass es zwar keine dritte Amtszeit geben wird, Kagame aber das Amt des Präsidenten aufgibt, aber einen Gefolgsmann einsetzen und als Parteichef trotzdem die Fäden in der Hand behalten wird. Ein Nachfolger ist allerdings noch nicht in Sicht.

Einzige zugelassene Oppositionspartei, die nicht dem RPF-nahen Parteienbündnis angehört, ist die Demokratische Grüne Partei Ruandas (DGPR). Der stellvertretende Vorsitzende wurde vor drei Jahren ermordet, die Tat wurde nie aufgeklärt. Die DGPR wurde in ihrer Gründungsphase von Seiten der Regierung massiv gestört und behindert. Alle Mitglieder des Gründungskongresses mussten mit Namen und Adressen registriert und zur Zertifizierung vorgelegt werden. Weil die Zulassung zur Parlamentswahl im vergangenen Jahr so lange hinausgezögert und dann sehr kurzfristig erteilt wurde, konnte die Partei wegen des organisatorischen Aufwands nicht mehr an der Wahl teilnehmen.

Ein Ministerium für gute Regierungsführung wurde eingerichtet. Die Korruption wird hart bekämpft und mit hohen Strafen geahndet Bis 1994 war Korruption an der Tagesordnung. Nach dem Genozid unternahm die Regierung alle Anstrengungen, Korruption massiv zu bekämpfen. In jedem Ministerium, in jeder Institution gibt es eine Abteilung gegen Korruption. Es gibt immer wieder große Kampagnen (Null-Toleranz u.ä.). Aufklärung und Bildung sollen langfristig Korruption verhindern. Heute ist Korruption – im Vergleich zu anderen afrikanischen Ländern – kaum ein Thema und findet vor allem in Form von Nepotismus und Amtsmissbrauch statt. So lässt sich nicht immer nachvollziehen, wohin das Geld für teure Regierungsprojekte wirklich fließt.
2006 wurde Transparency International Rwanda (TIR) gegründet. Die Organisation hat in zahlreichen Distrikten Vertretungen und arbeitet nah an der Bevölkerung. Allerdings bekommt auch TIR Unterstützung von der Regierung und ist seitdem offenbar etwas leiser geworden. Die Ermordung eines Mitarbeiters von Transparency International Rwanda im vergangenen Sommer ist noch nicht aufgeklärt.

Versöhnung und Aufarbeitung des Genozids

Auch wenn man sich nach dem Trauma des Genozids und Erfahrungen in anderen afrikanischen Ländern von der Ethnisierung der Politik lösen will, sind 20 Jahre nach dem Genozid die Unterschiede zwischen Hutus und Tutsis nach wie vor präsent. Die Verfassung verbietet die Bezugnahme auf ethnische Identität, offiziell gibt es nur Ruander. Dennoch weiß jeder, wer Hutu und wer Tutsi ist. Die Führung Ruandas zeigt allerdings Null Toleranz bei politischen Äußerungen und Verstößen. Im alltäglichen Zusammenleben nimmt die Bedeutung der Gruppenzugehörigkeit zwar ab, das Thema hat aber nach wie vor eine politische Dimension.

Hutus leben überwiegend auf dem Land, in Kigali ist das Verhältnis umgekehrt. Viele Menschen auf dem Land fühlen sich zurückgelassen und sind unzufrieden. In Kagames Kabinett sind nur wenige Hutus vertreten. Die Opposition ist überwiegend im Ausland. Bei der Aufarbeitung des Genozids und beim Gedenken wird die Ermordung der moderaten Hutus oft ausgelassen. Dies alles erzeugt Unmut. Es wird aber nicht offen kritisiert, sondern eher in geschlossenen Räumen.

Am 7. April 2014 beginnt das Trauerjahr, zunächst mit einer großen Auftaktveranstaltung im Stadion, mit einer Trauerwoche, in der alle Geschäfte nachmittags geschlossen sind und die Bevölkerung an zentralen Trauerveranstaltungen teilnehmen soll. In den Monaten bis zum Befreiungstag am 4. Juli gibt es zahlreiche Veranstaltungen. Viele Genozid-Opfer wollen sich dem entziehen, weil das Erinnern ihre persönlichen Erfahrungen wieder hervorruft. Aber auch junge Ruander haben zunehmend genug von den Gedenkveranstaltungen. Der gesellschaftliche Druck, an den Veranstaltungen teilzunehmen, ist aber wohl enorm. Für die Aufarbeitung der persönlichen traumatischen Erlebnisse gibt es nur eine psychiatrische Klinik und wenige psychologische Fachkräfte. Der Eindruck drängt sich auf, dass, anstatt das Trauma zu verarbeiten, es immer weiter wach gehalten wird.

Viele Organisationen und Vereine, die im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit mitfinanziert werden, sind in der Versöhnungsarbeit aktiv. Dabei wirken manche Veranstaltungen zur Versöhnung inszeniert. Es gibt gerade in der Versöhnungsarbeit ein breites ehrenamtliches Engagement, insbesondere Frauen sind hier aktiv, die ihren Beitrag zur Versöhnungsarbeit leisten. Insgesamt spielen Frauen, gerade auch für das Regierungsbündnis eine wichtige Rolle. Im Kabinett Kagames finden sich viele Frauen. Im Parlament sitzen sogar mehr Frauen als Männer. Als Erklärung wird genannt, dass Frauen keinen Genozid begehen würden.

Die Prozesse in Deutschland und in anderen Ländern gegen mutmaßliche Täter des Völkermords werden sehr genau beobachtet. Unverständnis herrscht bei der Verhängung geringer Haftstrafen. Kritisch ist nach Einschätzung politischer Beobachter, dass der Abgesandte des Bundeskriminalamtes, der in Ruanda Zeugen sucht und befragt, zum Ende des Monats März 2014 – und damit eine Woche vor den Trauerfeiern zum Jahresstag – abgezogen wurde.

Medienlandschaft

Ruanda hat eine orale Kultur, Lesen ist nicht weit verbreitet. In der Landessprache erscheinen rund 50 Presseerzeugnisse in privater Hand. Mit New Times gibt es eine tägliche englischsprachige Zeitung. Die einzige französische Zeitung bangt nach der Umstellung der Landessprache auf Englisch um ihre Existenz. Zudem stellt die Digitalisierung auch Ruandas Zeitungen vor Probleme, was beispielsweise die Finanzierung betrifft. Einfache Leute haben nur selten ein Fernsehgerät. Es gibt einen staatlichen Sender, TV Ruanda, ein privater Fernsehsender hat im vergangenen Jahr seine Arbeit aufgenommen. Radio ist immer noch das wichtigste Medium, oft hören die Leute mit ihren Smartphones Radio. Radioprogramme gibt es daher zahlreiche, sowohl staatliche wie auch private.

Einen Zugang zum Internet kann sich – insbesondere außerhalb Kigalis – kaum einer leisten, auch wenn in Ruanda fast überall Glasfaser liegt. Selbst das Partnerschaftsbüro hat nur eine 384 KiloBit/s Internetverbindung, die rund 400 Euro im Monat kostet. 5 MBit/s würden 800 kosten. Soziale Medien, wie Twitter oder Whatsapp, sind allerdings über Smartphones weit verbreitet.
1995 wurde die Rwandan Journalist Association gegründet, der Berufsverband der Journalisten in Ruanda. Es gibt vier Ausbildungsstätten für Journalisten, wobei die Ausbildung vielfach noch zu wünschen übrig lässt. Journalisten lernen bei ihrer Ausbildung oft nicht die Berücksichtigung verschiedener Positionen.

Pressefreiheit

Während des Genozids wurden auch Journalisten ermordet, viele waren aber vor allem auf der Seite der Täter. Medien auf Seiten der Bürgerkriegsparteien wurden gezielt zu Propagandazwecken eingesetzt. Gerade über das Radio wurde Hetze verbreitet und zu Gewalttaten aufgerufen. Da nach der Liberalisierung des Medienmarktes im Jahr 1991 viele private Sender entstanden und den Genozid nicht verhinderten, wurden Medien lange kriminalisiert. Es herrschte der Gedanke vor, dass Journalisten mehr Schaden anrichteten, als Gutes zu bewirken.

Um nach 1994 die Medien und Journalisten zu kontrollieren und Hate Speech zu verfolgen, wurde der Media High Council gegründet, der als staatliche Stelle für das Monitoring der Medien zuständig war und hart gegen Verstöße vorging und umgehend die Polizei einschaltete. In seiner Nachfolge wurde die Rwandan Media Commission gegründet, die es als ihre Aufgabe ansieht, gegen den Genozid zu kämpfen. Journalisten hätten beim Wiederaufbau des Landes eine wichtige Aufgabe, sollen ihren Beitrag zur Versöhnung leisten und hätten die Verantwortung, allen Kräften entgegenzuwirken, die die Gesellschaft spalten und Hass säen. Journallisten wurden nach dem Völkermord schnell in Gruppen der Täter oder der Opfer eingeteilt, daher war man anfangs skeptisch, ob Journalisten überhaupt objektiv berichten könnten.

Mit Beginn des Jahres 2014 hat der  Media Self Regulatory Body – ein Gremium ähnlich dem deutschen Presserat – die Arbeit aufgenommen. Bei Straftaten oder Verstößen gegen den Pressekodex wird nun anders vorgegangen, erst recherchiert, beide Seiten angehört und Zeugen befragt, bevor strafrechtliche Schritte eingeleitet werden. Die Rwandan Media Commission sieht sich auch als Ansprechpartner für Journalisten bei politischer Einflussnahme.
Selbstzensur ist in Ruanda weit verbreitet. Wenn Journalisten etwas berichten, das ihren Auftraggebern nicht gefällt, kann es ihre wirtschaftliche Existenz gefährden. Über delikate Vorgänge wie Korruption, an der Regierungsmitglieder beteiligt sind, oder über die Folgen des Sprachenwechsels wie auch über die Opposition im Ausland ist es nach Einschätzung von Journalisten sehr schwierig zu berichten.

Private Medien sind häufig in Besitz von regierungsnahen Unternehmen. Kagames Frau leitet den Radiosender Contact Radio FM und ist Teilhaberin des Senders Radio Libre. Größter Anteilseigener von New Times ist ebenfalls die Regierungs-partei. Zudem ist die Regierung der größte Werbekunde und somit eine unabhängige Berichterstattung nur bedingt möglich

Im Sender seiner Frau hat Kagame häufig Auftritte, im öffentlichen Radiosender dagegen selten. Bei Contact Radio FM sollte vor einigen Jahren eine Diskussion stattfinden, zu der auch der Vorsitzende der damals neugegründeten DGPR eingeladen war. Ein FPR-Vertreter wollte aber nicht mit ihm diskutieren, und Frank  Habineza durfte an der Diskussion nicht mehr teilnehmen. Daher wird von verschiedener Seite die Notwendigkeit von Auslandssendern betont, weil sie Themen setzen könnten, über die lokale Reporter nicht so einfach berichten könnten bzw. Repressalien oder sogar Verfolgung fürchten müssten.
Der Vorsitzende der grünen Partei Habineza war ebenfalls über einige Jahre bis 2005 als Journalist tätig und schrieb über Umweltprobleme, Verstöße gegen Menschenrechte, äußerte sich kritisch über Regierungshandeln und das Engagement im Kongo. Weil er kritisch über den Verteidigungsminister berichtete, wurde Habineza bei einer öffentlichen Veranstaltung von diesem tätlich angegriffen. Zeitungen wie Umusesa oder Rwandan Herold wurden eingestellt, deren Chefredakteur verhaftet und des Landes verwiesen.
Nach den Präsidentschaftswahlen 2010, als einige Presseerzeugnisse verboten waren und Journalisten ins Ausland gingen, hat sich die Situation auf dem Medienmarkt etwas entspannt. Die neue Mediengesetzgebung aus dem vergangenen Jahr soll aber nun die staatliche Kontrolle etwas lockern und eine stärkere Unabhängigkeit sichern.

Das Internet ist nach Aussagen der Journalistenverbände „offen und frei“, es gebe keine Einschränkungen, aber es werde ebenfalls beobachtet. Blogs im Ausland, die volksverhetzend einzustufen sind, gebe es zahlreiche und könnten nicht alle geblockt werden (einige werden es aber wohl).

Deutsche Welle in Ruanda

Nach Angaben der Mitarbeiter war mein Besuch der erste eines Mitglieds des Deutschen Bundestags bei der Relaisstation der Deutschen Welle (DW). Sie befindet sich auf einer Anhöhe in Kigali und ist die letzte von ursprünglich sechs solcher Stationen der DW weltweit.

Die Relaisstation ist eine rein technische Anlage. Von hier aus wird ganz Afrika mit Programmen der DW, aber auch anderer Sender wie BBC World bedient. Die Reichweite geht bis Russland und Australien, von hier aus wird auch Afghanistan versorgt.
Die Deutsche Welle hat die Sendelizenz, vier Hörfunk-Programme über Kurzwelle zu verbreiten. Diese Lizenz läuft 2016 aus und müsste verlängert werden. Wenn diese Lizenz wegfällt, wird es keine verfügbaren Frequenzen mehr für die DW geben. Den Vertrag über den Standort der Relaisstation läuft 2018 aus. Offenbar ist der Regierung in Kigali nicht unbedingt daran gelegen, dass die Relaisstation erhalten bleibt. Denn sie liegt auf einem Hügel in der Stadt und soll im Rahmen des Masterplans 2020 in Bauland umgewandelt werden.

Offensichtlich ist der DW dies ein guter Anlass, die Relaisstation zu schließen. Damit würde die DW über Kurzwelle in Afrika nicht mehr zu empfangen sein. Fraglich ist, wie die Bevölkerung zukünftig mit den Programmen der DW in Afrika erreicht werden soll. Nach Planungen der Intendanz soll aber das Programm für Afrika erhalten bleiben.

Radio ist nach wie vor das Leitmedium und wird es auch bleiben. Ein Kurzwellen-radio ist für 20 US-Dollar zu bekommen und mit ein paar Batterien einfach zu betreiben. Internetverbindungen kann sich der Großteil der Bevölkerung schlichtweg nicht leisten. Eine Übertragung über UkW ist flächendeckend ebenfalls nicht zu gewährleisten. In Afrika ist UkW höchstens in den Großstädten zu empfangen, im ländlichen Raum dagegen kaum. Zudem sind Länder wie Mali auf Nachrichten aus dem Ausland angewiesen.
Wenn die Bundesregierung einerseits in ihrer Außenpolitik einen Fokus auf Afrika legt, ist die Beendigung des Kurzwellen-Programms der DW mit der Strategie nicht vereinbar.

Ausblick

Die Internationale Gemeinschaft hat Ruanda nach dem Genozid vorbehaltslos unterstützt. Dies ist wohl auch dem schlechten Gewissen geschuldet, damals nicht eingegriffen zu haben. Diese Haltung scheint inzwischen überwunden zu sein. So setzten die Partnerländer, darunter auch Deutschland, die Zahlung von Entwicklungshilfe übergangsweise aus, als die ruandische Regierung die berüchtigte Rebellengruppe M23 im Ostkongo vor zwei Jahren unterstützte.
Für innenpolitische Entscheidungen und Menschenrechtsverstöße muss sich die ruandische Führung nur selten rechtfertigen. Dennoch muss – auch von deutscher Seite – darauf gedrungen werden, beispielsweise die Ermordung des TIR-Mitarbeiters oder des stellvertretenden Vorsitzenden der DGPR aufzuklären. Im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit muss die Einhaltung der Menschenrechte und der Ausbau demokratischer Strukturen auf allen Ebenen angesprochen und eingefordert werden.

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