Konnten sie nicht oder wollten sie nicht?

https://www.tabea-roessner.de/typo3temp/pics/77a365b2cc.jpg„Konnten sie nicht oder wollten sie nicht?“, um diese Frage drehte sich die Diskussion mit dem Publikum im Anschluss an den Bericht der Bundestagsabgeordneten Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) über die Ergebnisse des NSU-Bundestagsuntersuchungsausschusses. Bei der Veranstaltung „Einfach Pech gehabt? NSU: Zwischen behördlichem Versagen und rechter Verherrlichung“ der Heinrich-Böll-Stiftung berichtete Rößner über das konsequente Versagen von Verfassungsschutz, Justiz und Polizei bei der Aufklärung der NSU-Morde. Für viele ZuhörerInnen schien die Sache klar: „Der Verfassungsschutz in dieser Form muss abgeschafft werden.“

„Stümperhaftes Vorgehen, schlechte Zusammenarbeit und ein Wegschauen bei Hinweisen auf rechtsradikale Zusammenhänge führten dazu, dass Morde nicht verhindert und Opfer zu Unrecht zu Tätern stilisiert wurden“, so Rößner. „Jedoch konnte der Untersuchungsausschuss keine Belege für vorsätzliches Verhalten oder eine aktive Unterstützung von Beamten der Verfassungsschutzbehörden finden.“ Dennoch bleibt Raum für Spekulationen, ob bei diesem Versagen das Unvermögen gewollt war. Rößner stellt fest: „Polizei, Justiz und Verfassungsschutz waren auf dem rechten Auge blind, das ist klar. Wir brauchen eine Zäsur bei den Nachrichtendiensten und eine neue demokratische Kultur bei der Polizei.“

Walter Warstadt vom VVN-Bund der Antifaschistinnen, ein langjähriger Kenner der rechtsextremen Szene in der Pfalz, berichtete, dass es Kontakte der extremen Rechten aus der Region mit dem Unterstützerfeld der NSU gegeben hat. So hat Ralf Wohlleben, ein mutmaßlicher Unterstützer der NSU, den Internetauftritt des Aktionsbündnisses Rhein-Neckar betreut. Das NSU-Trio war beispielsweise auch einer NPD-Demo in Worms. Die Ludwigshafener Neonaziszene ist gut mit dem „Thüringer Heimatschutz“ vernetzt, aus dessen Mitte sich das NSU-Trio gebildet hat.

Die rechtsextreme Szene in der Westpfalz ist sehr aktiv. „Sie nerven uns jede Woche“, so Warstadt. „Am vergangenen Samstag haben Rechtsextreme Flugblätter in Haushalten verteilt. Sie haben angekündigt, beim Rheinland-Pfalz-Tag die 300.000 Besucher gebührlich zu empfangen.“ Rechtsextreme haben einen neuen NPD-Kreisverband gegründet, der von Pirmasens bis Worms reicht, also die gesamte Westpfalz umfasst. Es wird damit gerechnet, dass sie in einigen Gemeinden Listen für die Kommunalwahl 2014 aufstellen.

Nur mit einer aktiven, wachen Zivilgesellschaft ist es möglich, rechtsextremem Ideologien und Aktionen entgegenzutreten. „Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, ihnen die Basis zu entziehen und ihre Denkweise anzugehen. Es ist notwendig, dass der Staat vielfältige Initiativen gegen Rechts dauerhaft unterstützt, denn auf dieses Engagement vor Ort sind wir angewiesen. Die Kompetenzen sind dort höher als die beim Verfassungsschutz“, so Wolfgang Faller, Geschäftsführer der Heinrich-Böll-Stiftung, zum Ende der Veranstaltung. Er warnte jedoch auch vor übertriebenen Spekulationen, noch gäbe es zu viele Unklarheiten.

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