Letzte Kappenfahrt des schwarz-gelben Elferrats

Am Mittwoch den 13. Februar 2013 veranstalteten die rheinland-pfälzischen GRÜNEN ihren „Politischen Aschermittwoch“ im Mainzer KUZ. In guter Tradition  wurden deutliche Worte gefunden und die politischen GegnerInnen hatten nichts zu lachen, dafür die Gäste um so mehr:

Zunächst begrüßte der Landesvorsitzende Uwe Diederichs-Seidel die Gäste im Mainzer KUZ und setzte gleich eine Marke für den Stil:

„Herzlich Willkommen allen GRÜNEN und BALD-GRÜNEN. Wer heute hier hin gekommen ist um marktschreierische Stammtischparolen zu hören, der ist sicher falsch. Wir streiten mit dem Florett und nicht mit dem Holzhammer.“

Wie sehr die Bundesregierung mit ihrem Umgang mit der Energiewende daneben liegt wurde in der leidenschaftlichen Rede der stellvertretenden Ministerpräsidentin und Wirtschaftsministerin Eveline Lemke klar:

„Altmaiers Strompreisbremse ist keine Energiepreiswende sondern eine Energiewendevollbremse. Und im Wirtschaftscrashtest ist das Altmaier-Modell dabei voll gegen die Wand gefahren und damit durchgefallen.“

Tabea Rößner, MdB und Spitzenkandidatin der GRÜNEN aus Rheinland-Pfalz, kann der Bundesregierung höchstens noch fastnachtliche Qualitäten abgewinnen:
„Lasst uns alles dafür tun, dass der schwarz-gelbe Elferrat auch wirklich seine letzte Kappenfahrt angetreten hat.“

Eine wahrliches Sitzenbleiben attestierte auch Dr. Tobias Lindner, MdB und auf Listenplatz zwei der rheinland-pfälzischen Bundestagsliste der GRÜNEN, der Merkel-Regierung in Berlin:

„Dieser Bundesregierung werden reihenweise Doktortitel aberkannt und dieser Bundesregierung wird auch das schlechteste Zeugnis aller Zeiten ausgestellt! Aber diese Bundesregierung darf nicht sitzenbleiben, sondern sie gehört abgewählt!“

Die GRÜNE Umweltdezernentin der Stadt Mainz, Katrin Eder, stellte hingegen klar, wofür GRÜNE wirklich stehen und was es mit ihnen zu gewinnen gibt:
„Wir sind dabei, diese Stadt grüner zu gestalten und nur wer sein Ziel kennt, findet den Weg: Unser Ziel ist klar: eine grüne Stadt mit guter Luft und viel Aufenthaltsqualität“.

Rede von Tabea Rößner

– Es gilt das gesprochene Wort. –

Liebe Freundinnen und Freunde,

heute ist ein trauriger Tag. Heute wurde die Fastnacht zu Grabe getragen.

Woanders dagegen würden wir uns freuen, wenn die 5. Jahres­­zeit endlich aufhören würde: in Berlin. Denn da scheint das Possenspiel kein Ende zu nehmen.

In Berlin herrscht seit über drei Jahren ein wenig witziger Elferrat. Über ihm thront Mutti, die Kanzlerin, über jeden Zweifel erhaben und findet zu jeder Gelegenheit immer die passenden Worte.

So auch vor einer Woche, als sie sich – trotz Aberkennung des Doktortitels – hinter Annette Schavan stellte und ihrer Wissenschaftsministerin ihr „volles Vertrauen“ aussprach. Was folgte drei Tage später? Genau: der Rücktritt!

Vor einem Jahr hieß es in der Zeit: „Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Bundespräsident Christian Wulff erneut ihr Vertrauen ausgesprochen. Zweieinhalb Wochen später kam: der Rücktritt!

Auch Karl-Theodor zu Guttenberg bekundete sie trotz der Affäre um seine Doktorarbeit ihr „volles Vertrauen“. Wenig später: der Rücktritt!

Und vor drei Tagen sprach sie dem Papst ihr Vertrauen aus…

Das ist natürlich Kokolores, aber es hätte mich zumindest nicht gewundert….

Denn man gewinnt zunehmend den Eindruck, dass – sobald Merkel irgendjemanden das Vertrauen ausspricht – die Halbwertzeit desjenigen bereits abgelaufen ist. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Tja, offensichtlich hat die Kanzlerin eine Fastnachtsregel noch nicht begriffen: die stete Wiederholung des immer gleichen Witzes macht ihn nicht lustiger.

Auch ihr Kabinett ist nicht wirklich zum Lachen. Ich bin ja dagegen, dass man in der Fastnacht zu tief unter die Gürtellinie haut. Altmeier als Fleisch gewordenes Überhangmandat zu bezeichnen, ist wirklich nicht nett. Dabei bietet er doch auch inhaltlich genügend Angriffsfläche.

Sein erster Akt als Bundesumweltminister: Er eröffnet das weltgrößte Braunkohlekraftwerk in NRW und sieht es als „heraus­ragenden Beitrag zum Gelingen der Energiewende“ und als praktizierten Umweltschutz.

Das ist peinlich für einen Umweltminister! Wir brauchen einen echten, einen wirksamen Klimaschutz, denn der ist dringender als je zuvor. Anfang des Jahres gab es wieder mal traurige Rekorde:

Das Eis am Nordpol schmilzt noch schneller als gedacht. Beschleunigt wird das durch Schmelztümpel, also bereits geschmolzenes Eis, die die Sonnenstrahlung besonders gut aufnehmen und so wie eine Heizung wirken.

Die südamerikanischen Andengletscher sind deutlich schneller zurückgegangen als die meisten anderen Gebirgsgletscher weltweit. Bis zu 50 Prozent hat die Eismenge in den Anden seit 1970 abgenommen. Dabei ist das Eis für die Region ein wichtiger Wasserspeicher.

2012 hat die Top Ten der 10 wärmsten Jahre erreicht. Von den zehn wärmsten Jahren, die jemals gemessen wurden, lag nur 1998 im 20. Jahrhundert – alle anderen im neuen Jahrtausend.

Das zeigt doch, wie dringend wir handeln müssen.

Der Umweltminister und der Wirtschaftsminister scheinen sich im Moment mit Konzepten zu überbieten – nur leider nicht für eine echte Energiewende. Altmaiers Strompreis­bremse ist in Wirklichkeit eine Erneuerbaren Energien-Ausbaubremse. Wann ein Investor in Zukunft Geld für seine Anlagen erhalten soll, ist demnach völlig offen. Die Vergütung von Bestandsanlagen soll im Nachhinein gekürzt werden können. Wer investiert da noch in solch ein unsicheres Umfeld? Das schafft Verunsicherung und gefährdet viele Arbeitsplätze.

Rösler gibt Interviews zu seinen Ökostrom-Plänen, nur leider gibt’s ja offensichtlich nicht mal ein richtiges Konzept. Jedenfalls kennt das niemand, und schon gar nicht der Umweltminister. Dabei wäre es doch sinnvoll, einfach mal mit einander zu reden. So schwer kann das doch nicht sein!

Und man könnte darüber lachen, wenn es nicht so bitter ernst wäre.

Was wir dringend brauchen sind neue gesetzliche Rahmen­bedingungen für die Energiewende. Sie müssen aber in die richtige Richtung weisen. Und wenn Rösler ankündigt, noch vor der BTW das EEG reformieren zu wollen, dann kann ich nur sagen: Das ist ein Narr, holt ihn da raus, damit er bloß nicht noch mehr kaputt machen kann.

Apropos: Ich hätte mir ja gewünscht, dass die Narren in Berlin mal das Familienministerium besetzt und die Ministerin in Handschellen abgeführt hätten. Dann hätten wir vielleicht jetzt schon eine echte Frauenquote, und nicht ein „Flexi-Hier und Flexi-Da, Frauenquote ist mir scheißegal“!

Und der größte Brüller aus diesem Hause ist ja das Wahl­geschenk an die CSU: die Einführung des Betreuungsgeldes – übrigens ab August dieses Jahres, also pünktlich vor der Landtagswahl in Bayern, wo die CSU die alten Rollenbilder manifestieren will.

Wie unsinnig das Betreuungsgeld ist, haben selbst die dümmsten Narren verstanden. Und wenn Schröder die Herdprämie als Instrument für die Wahlfreiheit verteidigt, dann ist das doch wirklich ein Scherz: Viele Frauen hätten gern die Wahl, aber ihnen fehlt schlicht und ergreifend ein Betreuungsplatz, um arbeiten gehen zu können.

Hinzu kommt: Wir bauen die Kitas im Moment aus – da bin ich übrigens stolz, dass RLP als 1. Bundesland die Betreuungsquote von 35 % der Unterdreijährigen erfüllt – also die Kommunen bauen auf Deuwel komm raus Kitas – und dann kommt vom Bund Geld dafür, dass man sein Kind nicht dorthin schickt. Wie absurd ist das denn?

Der Spiegel hat ja sehr schön über die unzähligen milliarden­schweren Leistungen der Familienförderung geschrieben, die so gar keine Wirkung entfalten. Statt die vorhandenen Leistungen zu überprüfen, kommt aus der CSU sogar ganz aktuell die Forderung, die Leistungen für Familien noch weiter auszubauen. Eines will die Union offensichtlich einfach nicht begriffen: Geld vom Staat macht noch lange keine Babys. Vielleicht weiß sie es auch nicht besser und braucht Aufklärungsunterricht…

Wichtiger ist ein positives Klima für Familien. Kinder dürfen kein Armutsrisiko sein und nicht zum Karriereknick führen. Die Infrastruktur an guter Betreuung ist dafür Voraussetzung – zu dem Ergebnis kam auch das Gutachten. Das soll übrigens nicht vor der Bundestagswahl veröffentlicht werden.

Das nenne ich mal kreative Politik. Ich lasse ein Gutachten erstellen und stecke es in die Schublade, und mache grade weiter, wie es mir gefällt. Dieser Unfug muss endlich aufhören! Und dafür müssen wir alle mit voller Kraft kämpfen!

Berichte sind auch ein gutes Beispiel der Narretei in Berlin. Da gibt die Sozialministerin den Armuts- und Reichtumsbericht in Auftrag, und der Wirtschaftsminister zensiert ihn erst mal. Das in der Bundesrepublik Deutschland! Was er aber nicht rausstreichen konnte, sind die Fakten: Dass nämlich 15 % der Kinder in Deutschland in Armut auf wachsen. Dass Armut aber vor allem auch alt und weiblich ist. Und da ist es ein Etikettenschwindel, von einer Lebensleistungsrente zu sprechen, die viele dieser älteren Frauen gar nicht erhalten werden, weil die Hürden viel zu hoch sind. Und es ist erst recht widersprüchlich, wenn gleichzeitig Minijobs ausgeweitet werden sollen, die ja Frauen genau in die Sackgasse der nicht-versicherungspflichtigen Jobs führen.

Was wir brauchen, ist ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn, um Armut richtig zu bekämpfen!

Und wo wir schon bei der bunten Narrenshow in Berlin sind, darf eine Partei, die ständig dafür sorgt, dass die Heute Show auch was zu senden hat, nicht fehlen: die FDP.

Jetzt haben sie einen Spitzenkandidaten, der sich nicht traut, bei dem übrigens alle nach Übersetzung rufen, wenn er im Bundestag redet. Und dann hat er gleich eine Sexismus-Debatte an der Backe. Aua. Das tut schon weg. Ich sag euch: Brüderle ist nicht der schlimmste Finger in Berlin, und schlimme Finger gibt’s ja überall. Daher ist es gut und richtig, dass wir diese Diskussion führen. Aber wenn die uns nach unseren Erfahrungen mit Brüderle in Rheinland-Pfalz gefragt hätten, wir hätten sie beunruhigen können: „Wer lallt, der beißt doch nicht!“

Und dann meldet sich auch noch ein FDPist aus Hessen – klar, da sind ja auch im September Wahlen – und stellt die Frage: „Ist Deutschland schon bereit für einen asiatisch aussehenden Vizekanzler?“

Lieber Jörg-Uwe Hahn. Wir schreiben das Jahr 2013. Unsere Fußball Nationalspieler heißen Mesut Özil, Sami Khedira, Lukas Podolski, Jasmin Bayramaj und Steffi Jones. Die Nachrichten werden unter anderem von Dunja Hayali präsentiert. Ein türkischstämmiger Schwabe namens Cem Özdemir ist Vorsitzender einer Partei namens BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wir werden regiert von einer Frau an der Spitze und einem Finanzminister im Rollstuhl, und in der Welt von einem homosexuellen Außenminister vertreten. Unser Bundespräsident lebt in wilder Ehe. Und Sie fragen allen Ernstes, ob Deutschland für einen asiatischen aussehenden Vizekanzler bereit ist? Wir sind nicht nur bereit. Kulturelle Vielfalt ist schon längst Realität und diese Debatte ist völlig überholt und rückwärtsgewandt!

Wenn ihr mich fragt, wo wir nächstes Jahr zu dieser Zeit stehen: Da treffen wir uns beim politischen Aschermittwoch – nicht nur einer Regierungspartei in RLP, sondern einer im ganzen Land. Es gibt also eine neue Bundesregierung – eine Koalition starker Grüner mit der SPD – seit Niedersachsen wissen wir: es ist möglich! Im Koalitionsvertrag steht:

Die Bundesrepublik Deutschland verfolgt ein Gesamtkonzept für eine nachhaltige Energieerzeugung, das Vorbild für viele Länder weltweit wird. Es regiert die Vernunft und nicht mehr die großen Energiekonzerne.

Die Bundesregierung vollzieht auch im Verkehrsbereich eine Wende: Sie investiert in nachhaltige Mobilität und schützt ihre Bürgerinnen und Bürger wirksam vor Verkehrslärm, sei es vor Fluglärm hier im Rheinhessen, vor Bahnlärm im Rheintal oder vor Autobahnlärm in Marienborn.

Die Bundesregierung ermöglicht allen Menschen, egal ob mit Behinderungen oder mit Migrationshintergrund, egal ob jung oder alt, egal ob auf dem Land oder in der Stadt, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.

Familien werden unterstützt, nicht mehr die Ehe. Eltern haben echte Wahlfreiheit und können Kinder und Karriere vereinbaren. Zusätzlich gibt es bis zum Ende der Legislaturperiode überall, auch im ländlichen Raum, eine Grundversorgung mit Breitband, damit es nicht nur in Ballungsräumen möglich ist, sich auch über das Netz am politischen Prozess einzubringen.

Alles nur ein Traum? Wir können dafür kämpfen. Lasst uns alles dafür tun, dass der schwarz-gelbe Elferrat auch wirklich seine letzte Kappenfahrt angetreten hat.

Vielen Dank!

Teile diesen Inhalt:

Artikel kommentieren


* Pflichtfeld