Gute Nachrichten im Fall Vicdan Özerdem: Kroatien stimmt dem Auslieferungsantrag nicht zu

In einem Brief an die kroatische Botschaft appellierte die rheinland-pfälzische Bundestagsabgeordnete aus Mainz, Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), dem Auslieferungsantrag der Türkei im Fall Vicdan Şahin Özerdem nicht zuzustimmen. Seit ihrem Sommerurlaub hält sich die türkische Journalistin, die seit acht Jahren in Mainz lebt, in einem kroatischen Haftkrankenhaus auf. Die Antwort aus der Botschaft gibt Grund zur Hoffnung. Hierzu erklärt Rößner:

„Es hat mich sehr gefreut, als mir der kroatische Botschafter mitteilte, dass die dortige Regierung dem Auslieferungsantrag der Türkei nicht zustimmen wird. Es muss nun geklärt werden, wie schnell Vicdan Özerdem wieder nach Deutschland zurückkehren kann. Hier wurde nämlich ihr Fluchtgrund nach der Genfer Flüchtlingskonvention, durch das Verwaltungsgericht Mainz, anerkannt.

Ihr Gesundheitszustand ist nach wie vor sehr schlecht. In ihrem Interesse bitte ich deshalb nochmal alle Verantwortlichen, dass der Prozess nicht unnötig in die Länge gezogen wird und Vicdan Özerdem schnellstmöglich wieder nach Mainz zu ihrer Familie und ihren Freunden kommen kann.

Gerade für sie und die zahlreichen Aktiven, die in den vergangenen Monaten unermüdlich Unterschriften gesammelt und Mahnwachen abgehalten haben, ist die Antwort des kroatischen Botschafters ein gutes Signal. Ich hoffe, dass jetzt alles sehr zügig geht. Ich werde den Kontakt zu kroatischen Botschaft aufrecht erhalten.

Enttäuscht bin ich darüber, dass ich noch keine Antwort vom türkischen Botschafter erhalten habe. Hier werde ich nachhaken. Die Türkei will Mitglied der Europäischen Union werden. Dazu muss sie die Menschenrechte anerkennen, insbesondere die Meinungs- und Pressefreiheit als wichtigste demokratische und international anerkannte Güter. Daher erwarte ich von der politischen Führung dieses Landes, sich mit dieser Problematik auseinanderzusetzen. Am besten wäre es, die Türkei würde den Auslieferungsantrag sofort zurückziehen.“

Hintergrund:

Die in Mainz lebende Frau wurde während ihres Familienurlaubs am 25. Juli 2012 in Kroatien aufgrund eines internationalen Haftbefehls festgenommen. Die Türkei beantragte die Auslieferung von Frau Özerdem. Mitte September erklärte ein kroatisches Gericht die Auslieferung in die Türkei für zulässig. Frau Özerdem hält sich zur Zeit wegen ihres sehr schlechten Gesundheitszustandes im Haftkrankenhaus in Zagreb auf. Verwandte, die Frau Özerdem besuchen durften, berichten über eine dramatische Verschlechterung ihrer gesundheitlichen Verfassung. Frau Özerdem hat bereits zehn Jahre einer Haftstrafe in der Türkei gesessen. Wegen gesundheitlicher Probleme wurde ihr vor acht Jahren eine Haftunterbrechung gewährt. Zur Untersuchung flog sie in die Bundesrepublik Deutschland, wo sie als Flüchtling nach der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt wurde. Inzwischen besitzt sie eine Niederlassungserlaubnis. Sie lebt in Mainz und hat einen 7jährigen Sohn.

Seit ihrer Haft in der Türkei leidet sie unter einer schweren posttraumatischen Belastungsstörung, die eine Folge der Inhaftierung und Misshandlung in der Türkei ist. Die Gefahr einer Retraumatisierung mit der akuten Gefahr suizidaler Handlungen wird auch in aktuellen psychiatrischen Gutachten festgestellt.

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