Regierung legt widersprüchliches Gesetz zur Pressevielfalt vor

Zur Aufweichung der Pressefusionskontrolle und zur gesetzlichen Verankerung des Presse-Grosso im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) erklärt Tabea Rößner, Sprecherin für Medienpolitik:

Die Neuregelungen bei der Pressefusionskontrolle sind nicht geeignet, die Vielfalt zu erhalten oder die Verlage wettbewerbsfähiger zu machen. Presseprodukte sind keine Ware wie jede andere. Presseprodukte sind Kulturgüter, eine vielfältige Medienlandschaft ist ein wichtiger Grundpfeiler unserer Demokratie. Durch die Lockerung der Pressefusionskontrolle wird die Medienvielfalt abnehmen. Schon heute gibt es immer mehr Landkreise mit nur einer Zeitung. Kartellamt und Monopolkommission sehen dadurch die Pressevielfalt und den Wettbewerb eingeschränkt. Sehenden Auges geht die Regierung dieses Risiko durch Heraufsetzen der Aufgreifschwelle, eine Bagatellklausel und das Zulassen von Sanierungsfusionen ein.

Die Bundesregierung hat ohne eine Medienstatistik völlig ins Blaue hinein reguliert Eine Neuregelung eines so sensiblen Bereichs wie der Pressefusionskontrolle muss aber auf eine belastbare und nachvollziehbare Datengrundlage und nicht auf bloße Schätzungen gestellt sein.

Wir begrüßen allerdings ausdrücklich, dass die Koalition eine gesetzliche Regelung beim Press- Grosso einführen will. Damit folgt die Regierung unserer Forderung. Mit der Gesetzesänderung soll eine Vertriebsstruktur erhalten werden, die die Vielfalt an der Ladentheke beim Kauf von Zeitungen bietet. Es soll verhindert werden, dass große Verlage einseitig dominieren und stattdessen eine flächendeckende, neutrale Versorgung mit kleinen Zeitungen auch in ländlichen Regionen bestehen bleibt. Die Verhandlungen mit den Verlagen und den Grossisten haben deutlich gemacht, dass  eine Regelung notwendig ist, um das System weiter zu erhalten. Allerdings ist die juristische Ausgestaltung gewagt. Wir hoffen sehr, dass die EU-rechtlich fragile Ausgestaltung in dieser Form Bestand hat und nicht schon in nächster Zeit von einem deutschen Gericht gekippt wird.

Die Bundesregierung will mit der Erleichterung von Pressefusionen und dem Leistungsschutzrecht die Situation der Verlage verbessern. Leider sind die Aktivitäten der Bundesregierung sehr einseitig – sie hilft damit vor allen den großen Verlagen und vergisst die Journalisten. Wenn die Koalition unsere vielfältige Presselandschaft erhalten und Qualitätsjournalismus befördern will, muss sie hier nachlegen und wichtige Reformen angehen, um auch die Journalistinnen und Journalisten endlich besser zu stellen.

Teile diesen Inhalt:

Artikel kommentieren


* Pflichtfeld