Maximal 70 km/h nachts

Die Botschaft des Abends „Laut – Lauter – Bahnlärm“ war klar: Die Menschen in der Rheinschiene brauchen Lärmentlastung sofort. Weiterer Stillstand bei der Umsetzung von Lärmschutzmaßnahmen schwächt die Region und macht die Menschen krank.

Konkrete Forderungen werden die Veranstalter, die Bundestagsabgeordnete Tabea Rößner aus Mainz und der grüne Ortsverband von Bingen, direkt am Montag Bundesverkehrsminister Ramsauer und dem Vorstandsvorsitzenden der DB AG Rüdiger Grube überreichen. Grube und Ramsauer stellen am Binger Hauptbahnhof das Umrüstprogramm auf leisere Bremsen vor und wohnten einer Vorführung von leisen Bremsen bei. Rößner fordert: „Bei hehren Ankündigungen darf es nicht bleiben. Es müssen Taten folgen. Einem nächtlichen Tempolimit steht nichts im Wege außer dem Willen der Deutschen Bahn. Sie könnte sofort im Einvernehmen ein Tempolimit in den sensiblen Bereichen umsetzen. Der Gesetzgeber sollte Gesetzesverfahren auf den Weg bringen, damit hoheitliche Anordnungen, wie das Durchfahrtsverbot von lauten Zügen mit überholter Technik durch Wohngebiete und andere empfindliche Gebiete durchgesetzt werden kann. Der Bestandsschutz muss aufgeknackt werden.“ Roland Böse, Vorsitzender des Ortsverbands Bingen schließt sich der Forderung an: „Ausweichstrecken wie die Rhein-Sieg-Strecke sollten stärker genutzt werden. Der Ausbau dieser bestehenden Strecken ist realistisch im Gegensatz zu einer neuen Trasse durch den Hunsrück. Wir sollten keine Luftschlösser aufbauen, sondern an kurzfristig umsetzbaren Lärmschutzmaßnahmen arbeiten.“

Der aus Berlin angereiste Vorsitzende des Verkehrsausschusses des Bundestags MdB Dr. Anton Hofreiter kritisiert, dass die Bundesregierung seit Jahren die Umrüstung auf leise Bremsen verschleppt: „Am Montag droht die nächste Alibi-Veranstaltung. Die von der Bundesregierung und der DB Netz AG beschlossene Eckpunktevereinbarung zur Umrüstung der Güterwaggons ist derzeit nicht umsetzbar. Der deutsche Verkehrsminister hört sich im Jahr 2012 an, wie ein halber (!) Zug umgerüstet ist, die Schweiz dagegen hat ab 2020 ein Verbot von Waggons mit den besonders lauten Grauguss-Bremsen durchgesetzt. Daran müssen wir uns orientieren. Da Lärmschutzmaßnahmen an bestehenden Strecken aufgrund derzeit noch fehlender Grenzwerte oder Lärmobergrenzen und fehlender Finanzmittel nicht im notwendigen Maße umgesetzt werden, ist es besonders dringend, für Altstrecken wie im Rheintal, den Lärmschutz an den Waggons zu forcieren. Wir brauchen schnellstmöglich ein ehrgeiziges Umrüstprogramm mit einem klaren Zielkorridor und Konsequenzen.“

Der Abteilungsleiter im rheinland-pfälzischen Umweltministerium Hendrik Roh berichtet, dass sich die Landesregierung neben Lärmgrenzwerten auch für ein generelles Durchfahrtverbot von Zügen mit Graugussbremsen bis 2020 ausspricht. Er weist auf ein anderes grundsätzliches Problem hin: „Die Spitzenpegel müssen wie beim Fluglärm zukünftig neben Mittelungspegel berechnet und gemessen werden. Bisher kann mit dem System der Mittelungspegel die Lärmstörung extrem lauter Züge und einzelner Waggons mit lärmarmen Zeitabschnitten kleingerechnet werden. Wir müssen weg vom allein berechneten Pegel, hin zu der tatsächlichen Lärmbelastung und Lärmstörung der betroffenen Menschen, wie sie der Mittelrheintal-Bahnlärmindex in Kombination mit Messstationen abbildet. Mit diesem neu entwickelten Berechnungssystem können wir die Wirkung von Schallschutzmaßnahmen genauer prognostizieren. So würde eine Begrenzung der Geschwindigkeit auf 70 km/h den gleichen Effekt (Anzahl der Aufwachreaktionen) erzielen, wie die Umrüstung von mindestens 50% der Güterwagen auf Verbundstoff-Bremssohlen.“

Roland Böse, der durch den Abend geführt hat, greift dies in seinem Schlusswort auf: „Maximal 70 km/h im Mittelrheintal. Und zwar sofort. Das muss die Region Bahnchef Grube am Montag klarmachen.“ Ein Vertreter eines Bürgerinitiative weist auf die Demonstration am Montag zum Besuch von Ramsauer und Grube hin: „Wir treffen uns um 15.00 Uhr am Fuß der Bahnüberführung des Hauptbahnhofs Richtung Mäuseturm. Es ist enorm wichtig, dass viele Menschen kommen und sich für Lärmschutz stark machen.“

Teile diesen Inhalt:

Artikel kommentieren


* Pflichtfeld