Meine Reise nach Afghanistan

Mit einer kleinen Delegation besuchte ich vom 2. bis 5. Mai 2012 das Bundeswehrlager Termez, Usbeskistan, und die Camps in Masar-e-Sharif und Kunduz in Afghanistan. Ich konnte die Gelegenheit nutzen, mich einer Reise meines Kollegen Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), Mitglied des Haushaltsausschusses und Berichterstatter für den Verteidigungshaushalt plante eine Reise nach Afghanistan, anzuschließen.  Außerdem begleitete uns der Sicherheits- und Afghanistanexperte Winnie Nachtweih, der bis 2009 dem Bundestag angehörte, sowie Steffen Buchsteiner, Oberleutnant der Reserve und wissenschaftlicher Mitarbeiter von MdB Lindner.

Meine Motivation für die Reise – Erkenntnisinteresse

Seit 2 ½ Jahren muss ich als Mitglied des Deutschen Bundestages jährlich über die Mandatsverlängerung entscheiden. Diese Entscheidung ist mir immer sehr schwer gefallen, da ich mir nicht selbst ein Bild von der Situation vor Ort machen konnte. Seit 2001 verfolge ich sehr genau die Entwicklung in Afghanistan, empfinde es aber als zunehmend schwer, die einzuschätzen, wie sich das Land entwickelt, welche Arbeit die Bundeswehr dort leistet und wie sinnvoll und erfolgreich diese Arbeit ist.

Das Bild Afghanistans wird in Deutschland vor allem über die Medien geprägt. Daher lag mein Erkenntnisinteresse hauptsächlich darin, wie die Situation vor Ort im Vergleich zur öffentlichen Wahrnehmung und Medienberichterstattung in Deutschland tatsächlich ist, wie sich die Medienlandschaft in Afghanistan entwickelt und wie sich die Menschen dort informieren können. Darüber hinaus galt mein Interesse der Frage, wie die deutschen Soldaten in Afghanistan sich informieren, das öffentliche Bild ihres Einsatzes wahrnehmen und wie sie kommunizieren können.

Anschläge durch Sprengsätze und Selbstmordattentate dominieren die aktuelle Berichterstattung  in Deutschland. Bei einem Termin mit Vertretern der Bundeswehr, des Auswärtigen Amtes, des Ministeriums für Zusammenarbeit, des Bundesinnenministeriums, CIMIC und des German Police Project Team wurden wir über die Sicherheitslage unterrichtet. Demnach lagen die sicherheitsrelevanten Zwischenfälle im ersten Quartal des Jahres unter dem des vergangenen Jahres. Dennoch rissen Anschläge mit ferngezündeten Sprengsätzen und Selbstmordwesten nicht ab. Diese Anschläge verunsicherten die Bevölkerung, wenn auch die Afghanen immer mehr zum normalen Leben zurückfänden, ihr Verhalten von Zufriedenheit geprägt sei und sie ihre neu gewonnene Reisefreiheit genössen. So fand vor einigen Wochen in Mazar-e-Sharif das Neujahrsfest Nawroz-Fest statt, zu dem 500.000 Menschen erwartet wurden. Für die Sicherheit waren die afghanischen Sicherheitskräfte verantwortlich – eine enorme Herausforderung, auch wenn am Schluss nur 200.000 Menschen wegen schlechter Witterungsverhältnisse an dem Fest teilnahmen. Das Fest verlief ohne Zwischenfälle. Doch darüber beispielsweise wurde in Deutschland nicht berichtet. Wenn allerdings über die Frage diskutiert wird, welches Fazit wir aus dem Einsatz ziehen, hat er sich gelohnt oder versinkt nach dem Abzug alles wieder im Chaos, ist es wichtig, ein möglichst umfassendes Bild der Situation zu haben.

Militärischer Abzug 

Im ISAF-Regionalhauptquartier Nord bekamen wir Einblicke in die Vorbereitungen des militärischen Rückzuges. Bis Ende des Jahres wird sich ISAF aus den östlichen und westlichen Provinzen der Nordregion zurückziehen und seine Kräfte im Zentrum konzentrieren. Deutschland ist in der Nordregion Lead-Nation und damit verantwortlich für die Logistik-Drehscheibe Camp Marmal/Mazar. Es ist eine große Herausforderung, den Rückzug zu organisieren und gleichzeitig ein sicheres Umfeld zu gewährleisten. Dringlich ist aber die Diskussion darüber, wie es nach 2014 weitergehen soll. Diese Frage beschäftigt die Verantwortlichen im Einsatz. Die Politik muss darauf eine Antwort geben.

Ein ausführlicher Bericht folgt.

 

Im Lager Mazar-e Sharif (v.l.n.r.: Tabea Rößner, Tobias Lindner, Winfried Nachtwei)

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