Deutscher Bundestag/Achim Melde

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Rede zur europäischen Patentreform

Rede zur europäischen Patentreform am 15. März 2018 (TOP 17, Drs. 19/1180):

 

Herr Präsident, Sehr geehrte Damen und Herren,

diese Debatte müssten wir eigentlich gar nicht führen, sie ist nämlich überflüssig. Das ist ärgerlich, denn es gibt viel wichtigere Themen, mit denen wir uns befassen sollten.

Ja, das Gesetz für ein einheitliches europäisches Patentgericht und das Ratifikationsverfahren sind ausgesetzt und liegen beim Bundesverfassungsgericht. Also lassen wir doch die Verfassungs­richter entscheiden!

Eines ist besonders bizarr: Der Bundestag hat beschlossen, eine Stellungnahme beim Bundesverfassungsgericht abzugeben und einen gemeinsamen Prozessbevollmächtigten zu bestellen, der den Bundestag in diesem Verfahren vertritt. Dieser Benennung haben alle Fraktionen zugestimmt – auch die AfD. Von einem Versuch Ihrerseits, auf den Inhalt der Stellungnahme einzuwirken oder gar eine eigene abzugeben, ist nichts bekannt. Ein gemeinsames Vorgehen, auf das iwr alle uns hier verständigt haben.

Jetzt machen Sie copy & paste und haben in Ihrem Antrag Teile der Verfassungsbeschwerde wortwörtlich übernommen. Das heißt, Sie führen Argumente an, gegen die Sie gleichzeitig in Karlsruhe vorgehen. Das sind übrigens keine Fake News, das kann jeder nachlesen: im Plenarprotokoll vom 13.12.2017, Seite 361. Diesen Widerspruch müssen Sie mir erstmal erklären!

Es drängt sich die Frage auf, ob Sie eigentlich wissen, worüber Sie hier abstimmen lassen wollen. – Wer lesen kann, ist klar im Vorteil.

Und es geht ja nicht nur ums Lesen. Es geht um den Gestaltungsauftrag des Bundestags. Den haben Sie als Abgeordnete angenommen. Von Ihnen kommt aber nichts als heiße Luft. Daher ist diese Debatte aberwitzig, überflüssig, kostet uns alle wertvolle Zeit – und den Steuerzahler Geld.

Ihre Rede richtet sich doch wieder nur gegen Europa. Denn es geht um ein einheitliches europäisches Patentgericht, Schlussstein einer Reform, die einen flächendeckenden einheitlichen Patentschutz in Europa eröffnet. Damit könnte Recht – in allen teilnehmenden Staaten – effizient durchgesetzt werden.

Der einheitliche Patentschutz ist zudem ein weiterer Schritt für das Kernstück der europäischen Integration, den gemeinsamen europäischen Binnenmarkt. Dieser Errungenschaft haben wir ganz wesentlich Wohlstand, viele Jobs und einen florierenden Markt zu verdanken.

Das brächte endlich Rechts­sicherheit, das Problem fragmentier­ten Rechtsschutzes würde beseitigt, Rechteinhabern viel Aufwand erspart. Und:

Die Reform würde den Technologie-Standort Europa stärken, was angesichts aufstrebender Industrien wie China dringend nötig ist. Selbst die Briten, die sich gerade aus der EU verabschieden, haben das erkannt: Großbritannien will auch weiter die Ratifizierung der Reform vorantreiben.

Was ist denn Ihre Idee eines zukunftsfähigen Patentsystems? Sie sagen immer nur, was Sie nicht wollen, zeigen aber keine Alternative auf.

Es ließe sich ja das eine oder andere diskutieren – auch wir haben Kritik geäußert, aber wir haben Vorschläge gemacht: für faire Patentverfahren, die Nachhaltigkeit im Blick haben und vor allem kleine und mittelständischen Unternehmen stärken.

Dieser Antrag reiht sich ein in Ihre anti-europäische Agenda. Sie schießen gegen jede sinnvolle europäische Zusammen­arbeit. Und nicht jede Kompetenzübertragung auf europäische Ebene ist verfassungswidrig. Im Gegenteil: Das Grundgesetz selbst ist vom Willen zur europäischen Integration geprägt. Diesen Verfassungs­auftrag negieren Sie!

Das gemeinsame Patentsystem ist ein konsequenter Schritt nach vorne, Ihr nationaler Egoismus dagegen ein Sprung zurück. Die Mitgliedstaaten selbst profitieren am meisten von ihrem Zusammenhalt. Ein soziales solidarisches Europa ist gerade  für die junge Generation bedeutend, um die globalen Herausforderungen zu bewältigen.

Dafür sollten wir unsere Zeit und Energie aufwänden!

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