Bundestagsrede von Tabea Rößner zum Presseauskunftsgesetz 22.9.2016

 

 

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren,

seit 2013 haben Bundesbehörden ziemlich leichtes Spiel, wenn sie unliebsame Anfragen von Journalisten abblocken wollen. Denn da urteilte das Bundesverwaltungsgericht, dass die Landespressegesetze nicht auf Bundesministerien oder Bundesbehörden anwendbar sind – und warf so eine jahrzehntelange Rechtspraxis kurzerhand über Bord. Journalisten bewegen sich seitdem also auf unsicherer Rechtslage. Und Behörden können sehr kreativ bei ihren Ausreden sein, um Auskünfte zu verwehren. Das ist für uns ein unhaltbarer Zustand!

Gerade gestern hatten die Leipziger Richter wieder einen solchen Fall auf dem Tisch: Der Springer Verlag möchte endlich wissen, wer in ihrem Haus in den 50er bis 70er Jahren vom BND bespitzelt wurde. Der Fall wird nicht zum ersten Mal verhandelt. Bisher haben die Geheimdienstler die Akten aber nur geschwärzt rausgerückt. Jetzt wollen sich die Richter das erstmal genauer anschauen, bevor sie entscheiden.

Das Hick Hack um die Akten zeigt aber, wie mühsam es für Journalisten ist, an Informationen zu kommen und warum es dieses Gesetz braucht!

Bei den vielen Fällen, die mittlerweile streitig auf dem Gerichtstisch liegen, geht es nicht um Firlefanz, sondern um Fragen, deren Antworten uns alle interessieren dürften.

Wie etwa steht es um die NS-Verstrickungen von BND-Mitarbeitern in der Nachkriegszeit? Warum hält man über 50 Jahre nach der Hinrichtung des NS-Verbrechers Adolf Eichmann eine Geheimhaltung zum Wohle der Nation noch für erforderlich? Und auch die rund 5000 Seiten dicke Barschel-Akte dürfte viel Erhellendes zu Tage bringen.

Hier wird geblockt, was das Zeug hält! Und das sind nur einige der Fälle, bei denen Verlage und Journalisten hartnäckig blieben und vor Gericht zogen.

Lieber Kollege Dörrmann, Sie und Ihre Fraktion haben sich doch mehrfach für ein Presseauskunftsgesetz ausgesprochen. Vielleicht können Sie mal Herrn Wanderwitz unterhaken und zusammen die Blockade der Union überwinden.

Immerhin habe ich inzwischen auch aus Richtung Union Zeichen bekommen, dass ein solches Gesetz auf den Weg gebracht werden könnte. Daher bitte ich Sie: Lassen Sie es uns endlich gemeinsam anpacken!

Gerne gebe ich Ihnen noch ein bisschen Entscheidungshilfe:
In einer Anhörung im Bundestag haben dju/verdi, DJV und Verleger allesamt ein solches Gesetz begrüßt!

Die Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit ebenso.

Und gerade vergangene Woche hat sich nun auch der Deutsche Juristentag mit dem Thema befasst – und empfohlen, einen Auskunftsanspruch für Medien gegenüber der Strafjustiz zu verankern. Das ist vorbildlich. Allerdings sollte man das Problem nicht nur in Teilbereichen lösen.
Es braucht einen Auskunftsanspruch, der für alle Bundesbehörden gilt!

Und Nein: Der Mindestanspruch, den das Bundesverfassungsgericht für diese Fälle aus dem Grundgesetz Artikel 5 abgeleitet hat, diszipliniert die Behörden nicht – das sieht man alleine an den vielen Rechtsstreitigkeiten, die hier auflaufen.

Es ist daher dringend notwendig, Rechtssicherheit für die Medienschaffenden herzustellen. Diese und die angefragten Behörden müssen Klarheit darüber haben, wie weit der verfassungsrechtlich verbürgte Auskunftsanspruch reicht, und welche Ablehnungsgründe gelten dürfen.

Pressefreiheit: Davon reden in letzter Zeit viele, aber dafür etwas tun, wollen nur wenige.

Sehr geehrte Damen und Herren, der öffentliche Auftrag der Presse ist verfassungsrechtlich geschützt! Es darf nicht sein, dass Journalisten sich ihr Recht durch die Instanzen einklagen müssen.

Lassen Sie uns endlich gemeinsam den Auskunftsanspruch für Journalisten auch auf Bundesebene verbessern und damit die Pressefreiheit stärken.
Vielen Dank.

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