Türkei: Pressefreiheit und der Rechtsstaat liegen in Trümmern

Die Verhaftung der beiden Journalisten Can Dündar und Erdem Gül von der Zeitung Cumhuriyet, die über Waffenlieferungen und logistische Unterstützung von ISIS (Daesch) durch die Türkei berichtet hatte sowie deren Anklage wegen „Verbreitung von Staatsgeheimnissen“ ist vor allem als Schuldeingeständnis der türkischen Regierung zu werten. Viel zu lange hat die Erdoğan-Regierung ISIS und sein Umfeld aktiv unterstützt und später wohlwollend geduldet – mit Waffenlieferungen, Ölkäufen, medizinischer Versorgung oder einem offenen Zugang für ISIS-Kämpfer nach Syrien und Irak. Die sofortige Beendigung einer solch doppelbödigen Politik, die auch von Regionalmächten wie Saudi-Arabien oder Katar betrieben wird, wäre das wirksamste Mittel im Kampf gegen ISIS.

 

Präsident Erdoğan setzt damit seinen Rachefeldzug gegen missliebige Journalisten und die kritische Opposition fort. Pressefreiheit und rechtsstaatliche Normen liegen in der Türkei in Trümmern, wenn jetzt nicht mehr Täter bestraft werden, sondern diejenigen, die über Straftaten und Missstände berichten. Immer mehr wird der türkische Staat zum bloßen Instrument der Interessen eines von Allmachtsfantasien zerfressenen Präsidenten auf Kosten der Demokratie und der türkischen Zivilgesellschaft.

 

Die Verhaftungen belegen ein weiteres Mal, dass die Türkei kein sicheres Herkunftsland ist oder in naher Zukunft werden kann. Wir erwarten darum von der Bundeskanzlerin, dass sie sich auf dem EU-Türkei-Gipfel in Brüssel am kommenden Wochenende für die Freilassung der beiden Cumhuriyet-Journalisten einsetzt und die massive Einschränkung der Pressefreiheit in der Türkei aktiv thematisiert, anstatt mit Präsident Erdoğan dreckige Deals zur weiteren Abschottung Europas zu schließen.

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