Beirat des Finanzministeriums betrachtet öffentlich-rechtlichen Rundfunk einseitig durch wirtschaftsliberale Brille

Das jüngst vom wissenschaftlichen Beirat des Bundesministeriums für Finanzen veröffentlichte Gutachten zu den Aufgaben und der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hat nicht zu Unrecht für einige Aufregung gesorgt. Dass eine Reduzierung von Werbung sicherlich sinnvoll ist, darin werden viele mit dem Gutachten übereinstimmen. Dennoch hat der Beirat hier ein Papier veröffentlicht, welches in vielerlei Hinsicht problematisch ist.

Unverständlich erscheint, warum der wissenschaftliche Beirat des Bundesfinanzministeriums sich einem Gebiet widmet, welches nicht in sein Ressort fällt. Auf meine schriftliche Anfrage zu dem Gutachten antwortet die Bundesregierung, der Beirat bestimme den Gegenstand seiner Beratungen selbst. Es mag ja sein, dass der Beirat sich des Themas aus eigener Initiative angenommen hat. Verwunderlich ist aber, dass nicht das Finanzministerium, sondern die Staatsministerin für Kultur und Medien auf die Anfrage antwortet. Wenig substantiell fallen auch ihre Antworten aus.

So erfahren wir nicht, ob die Bundesregierung die Ansichten des Beirats teilt und wie der Widerspruch zu der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gesehen wird. Gerade letzterer ist offensichtlich. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat nämlich Kraft seines Grundversorgungsauftrags keine bloße Lückenbüßerfunktion, sondern einen umfassenden Programmauftrag zu erfüllen, der Information, Kultur, Bildung und Unterhaltung miteinbezieht.

Insofern ist die Reduzierung auf lediglich von den Privaten nicht abgedeckte Nischen klar ausgeschlossen – abgesehen davon, dass die Lücken im Programm der Privaten, was qualitativ hochwertige journalistische Angebote betrifft, nicht eben klein sind. Und wenn man den Vorstellungen des Beirats zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (Subskriptionsmodelle, „Pay-per-View“) folgen würde, wäre die funktionsgerechte Finanzierung des umfassenden Grundversorgungsauftrags nicht mehr gewährleistet.

Wenn sich dieses Gutachten so deutlich im Widerspruch zur tradierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts setzt, erweckt es den Eindruck, strategisch eine Diskussion anstoßen zu wollen, die auf eine grundlegende Änderung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und seiner Finanzierung in Deutschland abzielt. Dahinter steht eine einseitig wirtschaftsliberale Sicht, die dem publizistischen und demokratischen Wert des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für die freiheitliche Meinungsbildung nicht gerecht wird.

Tatsächlich sieht sich der öffentlich-Rechtlichen Rundfunk mit Herausforderungen für die Zukunft konfrontiert: die Aufrechterhaltung eines qualitativ wertvollen Angebots im Zeichen des digitalen Wandels und der Medienkonvergenz. Darum hat sich der Beirat des Bundesfinanzministeriums allerdings nicht gekümmert, darum hat er sich auch nicht zu kümmern!

 

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