Novellierung des ZDF-Staatsvertrags: Klare Kriterien und öffentliche Debatte notwendig

Wieder einmal ist eine Ministerpräsidentenkonferenz ins Land gezogen – und wieder einmal erfuhr die Öffentlichkeit erst am Ende, dass es zu einem bestimmten Thema keine Ergebnisse gäbe. Dieses Mal betraf es die Novellierung des ZDF-Staatsvertrages. Einerseits kann man beruhigt sein: Denn was sich im Vorfeld an vermeintlichen Regelungen abzeichnete, hätte nicht die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts erfüllt. Es ist daher gut, dass nicht vorzeitig Pflöcke eingeschlagen wurden. Dennoch: Die Ministerpräsidenten haben die wichtige Chance verstreichen lassen, den Zuschauerinnen und Zuschauern zu signalisieren: Auch wir wollen ein staatsfernes, unabhängiges und vielfältiges ZDF.

Bereits im März dieses Jahres wurde der ZDF-Staatsvertrag für verfassungswidrig erklärt. Bis Ende Juni 2015 müssen die Forderungen des BVerfG in ein neues Gesetz gegossen sein: mehr Staatsferne, mehr Vielfalt, mehr Transparenz und Öffnung der Strukturen sind die Vorgaben der Karlsruher Richter.

Die Zeit wird knapp. Wir brauchen Vorschläge, wie die Aufsicht der Rundfunkanstalt verfassungsgetreu organisiert werden kann. Alte Zöpfe müssen ab, Machtansprüche über Bord geworfen werden. Wenn die Gremien schrumpfen sollen, müssen wir bedächtig mit der Verteilung der Plätze umgehen. Die Aufsichtsgremien müssen vielfältiger ausgestaltet sein und die Gesellschaft stärker und zeitgemäßer abbilden. Die Anzahl der Staatsvertreter muss auf ein Drittel reduziert werden. Damit dem Grundsatz der Vielfaltsicherung Rechnung getragen wird, müssen – so das Bundesverfassungsgericht –  gerade auch kleinere politische Strömungen einbezogen werden. Weiter hat „der Gesetzgeber darauf zu achten, dass möglichst vielfältig weitere perspektivische Brechungen – etwa föderaler oder funktionaler Art – berücksichtigt werden“. Dabei sind klare Kriterien erforderlich, nach denen bestimmte Vertreter entsendet werden sollen, damit die Benennung nicht vom Verhandlungsgeschick einzelner Landesväter und -mütter abhängt. Das gilt genauso für die gesellschaftlichen Gruppen. Das Gericht hat eine schwierige Aufgabe gestellt: Es müssen zukünftig auch Minderheiten abgebildet sein, die weniger organisiert sind als die gesellschaftlich starken Gruppen wie die Kirchen oder Gewerkschaften. Außerdem müssen die Vertreter dieser gesellschaftlichen Gruppen frei von staatlichem Einfluss benannt werden.
Es braucht daher auch hier Kriterien, nach denen gesellschaftliche Gruppen für den ZDF-Fernsehrat ausgewählt werden. Nur so können die sozialen, kulturellen, religiösen und ethischen Belange unserer Gesellschaft auch angemessen vertreten werden.

Es wäre höchste Zeit, solche Kriterien festzulegen und diese auch öffentlich zu machen. Wenn dies im Rahmen der bisherigen Strukturen schwierig ist, sollte vielleicht doch noch einmal über eine unabhängige Kommission nachgedacht werden, die frei von Interessen und Befindlichkeiten der Länderchefs diese Kriterien erarbeiten könnte.

Wichtig ist vor allem auch, diese Debatte breiter zu führen. Bereits die Verhandlungen über den neuen ZDF-Staatsvertrag liefen wie üblich: klammheimlich in den Hinterzimmern der Staatskanzleien. Es gab bisher keine Anhörungen, öffentlichen Diskussionen, nicht einmal eine Veröffentlichung der geplanten Änderungen. Dabei war sogar der eigentliche Gesetzgeber außen vor: die Parlamente. Das ist nach dem Verlust der Glaubwürdigkeit des ZDF und des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Allgemeinen durch die Causa Brender ein absoluter Fehlstart. Es sieht wieder einmal danach aus,  dass die Regierungschefs der Länder die Strippen ziehen und dabei ihre eigenen Interessen stärker im Auge haben als das der Zuschauerinnen und Zuschauer.

Dabei geht es um etwas sehr Wichtiges: um die Glaubwürdigkeit der öffentlich-rechtlichen Sender und um ihre Akzeptanz bei den Beitragszahlern. Dafür muss es einen echten Neuanfang geben.

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