Rede zum Breitbandausbau am 9. Oktober 2014

Es gilt das gesprochene Wort!

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen,

nachdem die Vorgängerregierung gebetsmühlenartig wiederholt hat, dass wir eine Vollversorgung mit Breitband hätten, kommt die Große Koalition nun endlich zu der Erkenntnis, dass wir ein Versorgungsproblem haben. Sie fordern die Regierung zum Handeln auf – das ist gut und allerhöchste Zeit!

Der vorliegende Antrag lässt Bundesminister Dobrindt aber an der ganz langen Leine. Diesen Freilauf nutzt Ihr Minister gleich, um die Netzneutralität gegen Investitionen der Unternehmen zu verticken. Aber mit den Qualitätsklassen öffnen Sie einem Zwei-Klassen-Internet Tür und Tor. Und wofür? Für Investitionen, die die Unternehmen wahrscheinlich eh getätigt hätten. Die Zeche zahlt dann am Ende der Kunde!

Es ist schwer, heute abzuschätzen, was wir in 10 oder 15 Jahren an Bandbreiten brauchen. Sie aber denken nur an Ihre 50 Mbit/s Downloadgeschwindigkeit im Jahr 2018. Dabei setzen Sie erstmal auf Funk-Technologien. Das kann aber nur eine Zwischenlösung sein. Damit Deutschlands Unternehmen gut angebunden sind, innovative Dienste anbieten und diese auch genutzt werden können, brauchen wir Glasfasernetze. Hier ist uns der Antrag viel zu kurzsichtig!

Der Breitbandausbau kann durch regulatorische Stellschrauben erleichtert werden. Knackpunkt ist und bleibt aber die Finanzierung. Laut einer Studie des Wirtschaftsministeriums kostet der Ausbau nach den Zielen der Regierung 20 Mrd. Euro. Die Industrie geht in Vorleistung und will im nächsten Jahr 8 Mrd. investieren. Das ist sehr begrüßenswert.

Aber für 20 Prozent der Haushalte besteht eine Finanzierungslücke. Es fehlt an Fördergeldern und im aktuellen Haushaltsentwurf stellen Sie auch nichts ein. Geld, das Sie in dieser Höhe auch nicht durch die Frequenzversteigerung einnehmen werden.

Und mit diesen Einnahmen müssen Sie erstmal Entschädigungen zahlen, nämlich an diejenigen, die nach der neuen Frequenzuteilung ihre Mikrofonanlagen nicht mehr nutzen können. Außerdem müssen Sie die Einnahmen mit den Ländern teilen und den Rest Herrn Schäuble aus den Rippen leiern. So wird das nichts. Wer A sagt, muss auch B sagen, und wer Zukunftstechnologie sagt, muss auch investieren!

Einen Aspekt verschweigen Sie komplett: Um die Frequenzen für Breitband nutzen zu können, muss von DVB-T auf DVB-T2 gewechselt werden. Der Minister gibt hier Gas, in 3 Jahren schon soll das passiert sein, ohne große Übergangsphase.

Derzeit nutzen knapp 4 Millionen Haushalte DVB-T. Die müssen ihren Receiver dann entsorgen und sich einen neuen kaufen. Wir rechnen mit Kosten von mind. 300 Mio. Euro für die Verbraucher und einer Menge Elektroschrott. Die Bundes-regierung kennt diese Konsequenzen zwar, verschweigt sie aber in der Öffentlichkeit. Das ist skandalös.

Gleichzeitig riskieren Sie mit der überstürzten Umstellung den terrestrischen Empfang. Denn wer für teures Geld einen neuen Receiver kaufen muss, der holt sich vielleicht doch lieber eine Satellitenschüssel oder bestellt einen Kabelanschluss. Der terrestrische Übertragungsweg bietet aber einen guten und vor allem günstigen Fernsehempfang – und den riskieren Sie!

Was die ländlichen Gebiete betrifft, sollen die Unternehmen die Frequenzen der digitalen Dividende 2 nutzen, um diese Gegenden anzubinden. Wie gut das klappt, haben wir ja in der Vergangenheit gesehen. Nämlich fast nicht.
Um Breitband auch dorthin zu bringen, wo es wirtschaftlich nicht rentabel ist, brauchen wir nicht nur Förderprogramme, sondern eine Verpflichtung, dort auch tatsächlich auszubauen.

Wir hätten uns ja eine Universaldienstverpflichtung gewünscht, um den Menschen auf dem Land auch einen Anspruch einzuräumen. Das hatte ja auch die SPD gefordert – bis sie an der Regierung war. Ohne diese Minimalversorgung bleiben Ihre Pläne zum Breitbandausbau aber eben auch nur minimal gut.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Bundesregierung bildet Netzallianzen und schreibt Kursbücher. Das klingt gewichtig, aber wer hinter die Kulissen schaut, sieht nur schlecht verpackte Ankündigungen. Von Ankündigungen aber ist noch keine Leitung verlegt.

Nicht an Versprechen, sondern an Ihren Taten soll man Sie messen. Und das werden wir tun. Danke.

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