Pressefreiheit am Pranger

Anlässlich der Befragung des Guardian-Chefredakteurs Alan Rusbridger durch den Innenausschuss des britischen Parlaments, erklärt Tabea Rößner, Medienexpertin und Bundestagsabgeordnete von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

„Die Vorladung von Alan Rusbridger vor das britische Parlament glich dem Verhör eines Schuldigen! Es ist unerträglich, dass sorgfältig arbeitende Journalisten wie Handlanger von Terroristen behandelt werden. Und das, obwohl es – den ständigen Andeutungen der Parlamentarier zum Trotz – nicht einen Anhaltspunkt für eine Gefährdung gibt, die die Veröffentlichungen verursacht haben könnten. Ganz im Gegenteil: Der Guardian hat den Aussagen Rusbridgers zufolge lediglich ein Prozent der verfügbaren Geheimdaten veröffentlicht. Akten zu Afghanistan, Irak oder ähnlichen kritischen Bereichen hat man von vornherein ganz ausgeschlossen und nicht angerührt. Alle Artikel wurden, mit einer Ausnahme, von Regierungsstellen abgesegnet. Mehr Vorsicht geht nicht.

Dass sich Rusbridger und sein journalistisches Team nun provokante Fragen gefallen lassen muss wie etwa, ob er denn sein Land liebe oder auch als Handlanger der Nazis die Enigma-Daten herausgegeben hätte, zeigt, auf welches Niveau der Umgang mit der Affäre rund um britische und amerikanische Geheimdienste längst gesunken ist. Hier wird ein Journalist, der seinen Job macht, unter Druck gesetzt, während die wirklich skandalösen Aktivitäten der Geheimdienste unter den Teppich gekehrt werden. Es ist überfällig, dass die britischen und amerikanischen Regierungen die Geschehnisse in ihren Reihen reflektieren und für die Zukunft rechtswidrige Datensammelwut ausschließen. Großbritannien muss sich als Land Europas zudem klar zu den europäischen Werten Pressefreiheit und Kommunikationsgrundrechten der Bürgerinnen und Bürger bekennen. Dies einzufordern, ist auch Aufgabe der EU. Eine so offensichtliche Abkehr von europäischen Grundwerten darf ansonsten nicht ohne Folgen bleiben.“

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