„Kein Verständnis für die App-Klage“

Interview mit Werben & Verkaufen

Wie schätzen Sie die Bedeutung dieser Auseinandersetzung für die Medienlandschaft ein?

Ich habe kein Verständnis für diese Klage. Denn die Verlage greifen etwas an, was eigentlich bereits existiert: Die App ist doch nur ein vereinfachter Zugang über ein Smartphone zu einem Angebot, das bereits im Internet vorhanden ist. Und wenn es diese App nicht gäbe, dann könnte ich einfach über den Internetbrowser tagesschau.de aufrufen. Dieses Angebot hat den Drei-Stufen-Test durchlaufen, ist also gemäß dem vereinbarten Verfahren zwischen Öffentlich-Rechtlichem Rundfunk und den Zeitungsverlegern geprüft worden. Und wenn jetzt die Zeitungsverleger dieses Angebot angreifen, stellen sie auch die Vereinbarung in Frage, die mühsam ausgehandelt wurde.

Natürlich steht die Presse auch unter einem enormen Druck: Abozahlen sinken , Werbeeinnahmen gehen weiter zurück. Die Pressekrise ist ein Problem, auf das die Verlage bisher noch keine Antworten haben. Ich bezweifle, dass Geschäftsmodelle, die auf einer App beruhen, viel Geld in die Kasse der Verlage spülen werden. Die Zeitungsverlage müssen zum einen neue Geschäftsmodelle entwickeln. Zum anderen müssen sie auch ihr Profil schärfen und attraktive Inhalte liefern, für die es sich zu zahlen lohnt.

Aber: Auch der öffentliche-rechtliche Rundfunk hat eine Aufgabe, nämlich die Gesellschaft mit Informationen, Bildung, Sport und Unterhaltung zu versorgen. Wenn er jüngere Menschen erreichen will – und inzwischen auch Ältere – dann muss er das auch über das Internet tun. Denn da sind nun mal die Zuschauerinnen und Zuschauer. Die Auseinandersetzung ist eine wichtige, denn natürlich nähert sich der Rundfunk den Webseiten der Verlage an – allerdings geschieht das auch andersherum: Immer mehr Verlage bieten Bewegtbilder an. Beides ist Folge der Konvergenz und sollte statt nicht per Streit, sondern über sinnvolle Kooperationen gelöst werden.

Ihr Tipp, wie der Streit ausgeht?

Ich hoffe, es endet nicht in einem weiteren regulatorischen Konstrukt, wie dem Drei-Stufen-Test. Den haben wir bereits, er hat viel Arbeit bedeutet, tausende Webseiten wurden depubliziert und die Verleger sind trotzdem nicht zufriedengestellt.

Klar ist, dass mit den bestehenden Regulierungsansätzen diese Probleme immer schwerer gelöst werden können, weil sich durch die technischen Änderungen die Medien und ihre Verbreitungswege gewandelt haben. Ich stelle mich auf eine lange Debatte ein.

Geht dieses Vorgehen Ihrer Meinung nach in die gleiche Richtung wie die Forderung der Verleger nach besseren Leistungsschutzrechten?

Der Streit um die Apps und das Rufen nach einem Leistungsschutzrecht haben dieselbe Ursache: Die wirtschaftliche Situation der Verlage. Die Verleger suchen verzweifelt nach neuen Einnahmequellen. Abo-Modelle über Apps sind die eine Hoffnung, das Leistungsschutzrecht eine andere. Aber das große Konzept fehlt noch.

Würde Ihnen die Tagesschau-App fehlen?

Was bei der ganzen, leicht überhitzten Debatte immer wieder übersehen wird, ist der praktische Aspekt. Die Tagesschau-App ist sehr langsam und damit zur Zeit noch gar nicht der App-Killer, zu dem sie immer gemacht wird. Ich habe das auf einem iphone und einem Android-Handy getestet, bei normalen Empfang dauert es schon eine Weile, bis die App läuft. Deshalb entscheide ich mich im Zweifelsfall noch für tagesschau.de und nutze aber ebenso andere Angebote der Verlage. Ich denke, ich bin nicht die Einzige mit mehreren News-Apps.

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