Köpfe statt Beton: Tabea besucht Mumbächer-Schule, wo RenterInnen Nachhilfe geben

Die Kinder sind intelligent, freundlich und offen. Trotzdem tun sie sich schwer damit, die Ziele des Unterrichts zu erreichen. Denn die Hilfe aus dem Elternhaus reicht aus verschiedenen Gründen nicht aus. Solchen Kindern hilft das Oma-Opa-Projekt an der Heinrich-Mumbächer-Schule in Mainz-Bretzenheim. Doch die ehrenamtlich arbeitenden Pensionäre sehen die Grenze ihrer Möglichkeiten. In einem Gespräch mit Tabea erörterten sie, wie geholfen werden kann.

Sönke Lorenzen ist Offizier im Ruhestand. Doch Letzteres gehört wohl zu den Wörtern, die am wenigsten geeignet sind, um den Gründer des Oma-Opa-Projektes an der Heinrich-Mumbächer-Schule in Mainz-Bretzenheim zu beschreiben. Denn Lorenzen ist ein Kraftwerk. Das Scheitern benachteiligter Kinder im Bildungssystem hat ihn gestört. Deswegen ist er aktiv geworden, hat sich an die Grundschule in seiner Nachbarschaft gewandt und dort das Oma-Opa-Projekt ins Leben gerufen.

Die Idee: Pensionäre helfen Kindern in der Schule, die diese Hilfe von ihren Eltern nicht erhalten können. Die Gründe dafür sind unterschiedlich, wie Lorenzen beschreibt: Manchen Eltern fehle die Zeit, weil sie arbeiten müssen. Andere könnten nicht ausreichend Deutsch. Und wieder anderen fehle schlicht das Interesse, ihre Kinder zu unterstützen. „Diese Fälle häufen sich leider extrem“, bestätigt die Konrektorin der Mumbächer-Schule, Heidrun Heide-Joritz.

Die Omas und Opas helfen zu festgelegten Zeiten bei den Hausaufgaben. Dazu haben sie sich freiwillig verpflichtet, nehmen das ernst. „Wenn ich mal fehle, weil ich wie zum Zahnarzt muss, schreibe ich eine Entschuldigung“, sagt Lorenzen. Während der Betreuung durch Omas oder Opas muss ein Lehrer oder eine Lehrerin der Schule dabei sein.

Da fangen die Probleme an: Der Schule stehen nicht ausreichend Betreuungsstunden zur Verfügung, um LehrerInnen stellen zu können. Zudem gibt es zu wenig Räume, wobei sich da Besserung andeutet, die Schule befindet sich im Ausbau. Auch das Projekt selbst wünscht sich mehr als die bisherigen 13 MitstreiterInnen. „Es geht um eine Stunde am Tag, einmal in der Woche – eigentlich müsste man meinen, dass wir Rentner diese Zeit haben“, sagt „Opa“ Dr. Rolf Höfel. Mit mehr BetreuerInnen könnte das Projekt intensiver auf die Kinder eingehen. Ein anderes Problem besteht darin, dass ein vergleichbares Projekt an den weiterführenden Schulen fehlt. Mit Folgen: Eine Schülerin, die es mit Hilfe des Projekts auf ein Gymnasium geschafft hatte, kam dort alleine nicht zurecht und musste die Schule wechseln.

Tabea sagte zu, das Gehörte politisch umsetzen zu wollen: „Natürlich kann ich nicht versprechen, gleich alle Probleme abstellen zu können.“ Es müsse aber Ziel sein, die Förderung von Kindern in den Mittelpunkt der Politik zu stellen. „Wir müssen in Kinder und ihre Bildung investieren, also in Köpfe statt in Beton – wie unsinnige Brückenprojekte. Und wir müssen damit früh anfangen, am besten schon in der Kindertagesstätte. Denn schon dort müsste der Sprachförderungsbedarf festgestellt und angegangen werden.“

Konrektorin Heide-Joritz betonte die Notwendigkeit der Förderung in den Grundschulen. „Wir können bei vielen Kindern mit sprachlichen Defiziten noch einiges ausrichten. Und wenn die Kinder bei uns die Grundtechniken nicht lernen, kann ich in der vierten Klasse schon sagen, wer keinen Abschluss schaffen wird.“ rio

Teile diesen Inhalt:

    • Tabea Rößner

      Viel besser wäre es, wenn es überhaupt keinen Nachhilfeunterricht bräuchte! Dazu müssten die Schulen aber alle so ausgestattet sein, dass sie auf die Kinder einzeln eingehen und individuell fördern könnten etc. Daher muss dies unser Ziel sein. Nur so können wir größtmögliche Chancengerechtigkeit im Bildungssystem verwirklichen und allen Kindern die Chance auf Bildungserfolg geben – unabhängig vom Geldbeutel ihrer Eltern.

      Herzliche Grüße
      Tabea Rößner

Artikel kommentieren


* Pflichtfeld