Mehr als Forderung nach NPD-Verbot: Veranstaltung zu Strategien gegen Rechtsextremismus in Rheinhessen

Die Frage ist nicht mehr, ob Rheinland-Pfalz ein Problem mit Rechtsextremismus hat. Die Frage ist, wie wir damit umgehen. Dazu lud der Kreisverband der GRÜNEN Alzey-Worms zur Diskussion mit Tabea, der grünen Landtagskandidatin Pia Schellhammer, Wolfgang Faller von der Heinrich-Böll-Stiftung und Elisabeth Kolb-Noack, Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN im Kreistag.

Wolfgang Faller, Geschäftsführer der Heinrich-Böll-Stiftung in Rheinland-Pfalz, begann den Abend mit einer Bestandsaufnahme. Rechtsextreme Ansichten sind nach einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung wieder im Aufwind. Bis zu zwanzig Prozent der Bevölkerung, so Faller, seien für die Hetze der Rechten anfällig.

Anschließend sprach Pia Schellhammer, grüne Landtagskandidatin und Fachfrau für Bildungspolitik. Sie präsentierte Zahlen zur Situation in Rheinland-Pfalz. Danach gebe es in unserem Bundesland gut 450 Mitglieder rechtsextremer Parteien und etwa 200 gewaltbereiten Neonazis, die sich vor allem in ländlichen Gebieten breit machten. Schellhammer nannte einige erschreckende Beispiele von Angriffen insbesondere auf MigrantInnen.

Dass gerade in solchen Fällen die Öffentlichkeit oft im Dunkeln gelassen werde, erläuterte Tabea. Rechtsextremismus sei kein Problem Ostdeutschlands, sondern existiere direkt vor unserer Haustür. Diese unappetitliche Wahrheit werde von Politik und Polizei gerne unter den Teppich gekehrt. Gewalttaten mit rechtsextremem Hintergrund würden gerne als „Wirtshausschlägerei“ kaschiert.

Wenn dann noch Politiker wie der Alzeyer Landrat Ernst-Walter Görisch Initiativen wie „Alzey gegen Rechts“ Unterstützung versagten, spräche das Bände. Wer „kein Problem mit Rechtsextremismus“ habe wie die Bürgermeister von Alzey und Guntersblum, brauche wohl auch keinen Kampf gegen Rechts. Die Sorge um den guten Ruf überwiege die Sorge um die Ausbreitung braunen Gedankenguts.

Die Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN im Kreistag Alzey-Worms, Elisabeth Kolb-Noack, beendete den ersten Teil des Abends mit einigen Einblicken in die Situation im Kreis. Es gibt, so Kolb-Noack, „braune Flecken“ zwischen Alzey und Worms, wo rechtsextreme „Wölfe im Schafspelz“ versuchten, in Ehrenämtern oder Vereinen Fuß zu fassen.

Anschließend gab es eine angeregte Diskussion der ReferentInnen mit dem Publikum. Einige Gäste, selbst in der Region gegen Rechtsextremismus aktiv, gaben Einblicke in die Situation vor Ort. „Nationale Sozialisten“ beschmierten immer wieder Denkmäler für Opfer des Holocaust mit ihren Parolen, AntifaschistInnen würden verbal und körperlich angegriffen. Vor allem junge Männer liefen Gefahr, den Nazis ins Netz zu gehen. Oft böten nur Rechte Jugendlichen aus schweren Verhältnissen Ziele und Geborgenheit. Perspektivlosigkeit und Frust trieben junge Menschen, die sich von Schule und Gesellschaft allein gelassen fühlen, den Rechten in die Arme.

Diese jungen Menschen dürften nicht alleine gelassen werden. Es müsse früher begonnen werden, junge Menschen politisch ernst zu nehmen. Den meisten PolitikerInnen sind Jugendliche erst wichtig, wenn sie das Wahlalter erreichen. Dann aber seien Politikverdrossenheit und schlimmstenfalls Demokratiefeindlichkeit bereits fest in ihren Köpfen verankert.

Die TeilnehmerInnen kamen zu dem Schluss, dass die Rechtsextremismus vor allem durch Bildung und Demokratieerziehung bekämpft werden müsse.

Junge Menschen, die bereits früh Demokratie erfahren und deren Meinung ernst genommen werde, fielen nicht mehr auf rechte Parolen herein.

Mit diesem programmatischen Akzent gehen die GRÜNEN in den Wahlkampf. Das Thema wird auch weiterhin auf der Tagesordnung stehen: Am 19. März 2011 findet in Alzey eine Führung über den jüdischen Friedhof statt, am 21. März 2011 wird über die Frage „Was ist Rassismus?“ diskutiert.

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