Veranstaltung in Bernkastel-Kues zeigt: Mehrheit für Pflege zu Hause

Wie können Menschen in ihren eigenen vier Wänden alt werden? Welche Möglichkeiten, Hilfen und Initiativen gibt es? Diesen Fragen ging die Informationsveranstaltung „Alt werden daheim“ am 4. November in Bernkastel-Kues nach. Der Kreisverband der GRÜNEN Bernkastel-Wittlich und die Bundestagsabgeordnete Tabea Rößner luden dazu Bürgerinnen und Bürger ins Hotel Burg Landshut ein.

Die Mehrheit der älteren Menschen bevorzugt die Betreuung zu Hause, auch wenn die Mobilität nachlässt und Pflege notwendig wird. Tabea Rößner zeigte auf, dass es wichtig sei, sich frühzeitig Gedanken über das eigene Leben im Alter zu machen und mögliche Umbaumaßnahmen dafür bereits jetzt in Angriff zu nehmen. „Wir müssen schon heute ein Bewusstsein schaffen und Lösungen gerade im ländlichen Raum aufzeigen und umsetzen. Wenn Menschen bereits auf Pflege angewiesen oder in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, fühlen sie sich oft überfordert oder es ist eine zu große Belastung, notwendige Baumaßnahmen vorzunehmen. Die meisten Wohnungen oder Häuser sind nicht altengerecht oder barrierefrei. Bundesweit müssen in den nächsten Jahren 30 Milliarden Euro in den altersgerechten Wohnungsbau investiert werden.“ Tabea Rößner ist Sprecherin für Demografie der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Es sei nötig zu handeln, betonte auch Mirko Nagel, Koordinator des Projektes „Zu Hause alt werden“ der Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich. Im Landkreis würde der Anteil der über 80jährigen von heute 6 auf 14 Prozent im Jahr 2050 steigen. Nagel gab einen Überblick über die Hilfen und Dienstleistungen vor Ort. Engagierte rief er zum Ideenwettbewerb „Zu Hause alt werden“ auf, mit dem der Kreis Projekte unterstützt, die eine selbstständige Lebensführung im Alter ermöglichen.
Ein Projekt aus Bürgerinitiative ist das „Wintricher Netz“, das Herr Kullik mit ins Leben gerufen hat.  Ehrenamtliche helfen Bedürftigen mit Fahrdiensten, Besuchen, kleineren Reparaturen und anderen Dienstleistungen. Die Hilfe im Alltag ist essentiell. Gerade aber auch die Einbindung der älteren Menschen in das Dorfleben sei prägend für die Lebensqualität: „Mit dem Fahrdienst konnten manche Menschen das erste Mal seit Jahren wieder auf das Dorffest. Es sind ganz einfache, simple, menschliche Dinge“ , berichtete Kullik. Die Bereitschaft zum ehrenamtlichen Engagement sei vorhanden. „Es muss nur geweckt werden“. Als nächstes Projekt des Vereins „Wintricher Netz“  steht die Einrichtung einer ärztlichen Sprechstunde im Dorf an.
Die ärztliche Versorgung und die Pflege auf dem Land sicherzustellen, wird eine der größten Herausforderungen für die Gesellschaft. Schon jetzt gibt es zu wenig ausgebildetes Altenpflegepersonal: „Wir brauchen auch gerade mehr männliche Pfleger für unsere männlichen Patienten“, betonte eine Teilnehmerin, die in der Pflegebranche arbeitet. „Das Image des Pflegeberufs muss verbessert werden. Aber die Bedingungen stehen dem entgegen“, setzte Landtagskandidatin Jutta Blatzheim-Roegler hinzu, die durch den Abend führte.

Architektin Dorothea Brendle aus Wittlich referierte über Möglichkeiten und Kosten, die eigenen vier Wände an die eingeschränkte Mobilität anzupassen. Kleine Anpassungen können hier schon viel helfen. Nicht alles, was in der DIN-Norm steht, sei für den Einzelnen sinnvoll. Auch ungewöhnliche Umbauten lassen mobilitätseingeschränkte Menschen am sozialen Leben teilhaben. Die Architektin schlug vor, Fensterbrüstungen nach unten zu öffnen, damit man auch im Sitzen aus dem Fenster schauen kann.
Eine ältere Dame aus dem Publikum brachte das Wesentliche auf den Punkt: „Wichtig ist, dass man sich wohlfühlt.“ Dies zu erreichen, bedarf einiger Anstrengungen auf allen Ebenen: auf der politischen, der zivilgesellschaftlichen, der unternehmerischen und der privaten. SW

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